18.2.2021 – Im Corona-Jahr 2020 gab es nach vorläufigen Daten der Statistik Austria 3.155 Unternehmensinsolvenzen – um knapp 38 Prozent weniger als 2019. Während des Jahres sank ihre Anzahl sukzessive. Allerdings spiegelt diese Entwicklung die tatsächliche wirtschaftliche Situation nicht wider, zumal wegen Corona die Regeln für Insolvenzanträge geändert wurden.
Seit neuestem ist die Statistik Austria verpflichtet, laufend quartalsweise Daten über Unternehmensinsolvenzen zu erstellen. Am Mittwoch hat sie nun das erste, vorläufige Ergebnis vorgestellt. Wegen Corona hat sie sich dafür entschieden, auch Daten für 2019 zu erstellen.
Basis der Angaben sind gerichtliche Insolvenzverfahren. Berücksichtigt werden Konkursverfahren und -eröffnungsverfahren sowie Sanierungsverfahren mit und ohne Eigenverwaltung.
Laut diesen Daten wurden 2020 insgesamt 3.155 Insolvenzen registriert. Das ist gegenüber 2019 ein Rückgang um mehr als ein Drittel (–37,6 Prozent).
Im ersten Halbjahr 2019 hatte es 2.585 Insolvenzen gegeben, im ersten Halbjahr 2020 waren es 1.968. Der Vergleich zwischen den zweiten Jahreshälften fällt noch drastischer aus: Hier fielen die Werte von 2.474 auf 1.187.
Innerhalb des Jahres 2020 war das erste Quartal jenes mit den meisten Insolvenzen: Mit 1.144 entfielen 36 Prozent auf die ersten drei Monate. Danach sank die Anzahl von Quartal zu Quartal; im vierten waren es sogar um 56,2 Prozent weniger als im Vergleichsquartal 2019.
Besonders starke Rückgänge gab es in den Sektoren Beherbergung und Gastronomie, Verkehr und Lagerei sowie im Handel. In allen drei Bereichen lag das Minus bei über 40 Prozent.
In der Kategorie „Finanz- und sonstige Dienstleistungen“ – hierzu zählt auch der Versicherungssektor – gab es 667 Insolvenzen, um 33,5 Prozent weniger als 2019.
Die Anteile der Sektoren an der Gesamtanzahl der Insolvenzen haben sich dabei von 2019 auf 2020 nicht fundamental verändert.
Branche (ÖNACE) | 2020 | 2020 | 2019 | +/– | |||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Q1 | Q2 | Q3 | Q4 | ||||
Quelle: Statistik Austria | |||||||
Sachgütererzeugung | 75 | 48 | 44 | 27 | 194 | 283 | –31,4 % |
Bau | 214 | 141 | 166 | 144 | 665 | 974 | –31,7 % |
Handel | 198 | 166 | 116 | 83 | 563 | 983 | –42,7 % |
Verkehr und Lagerei | 118 | 81 | 56 | 54 | 309 | 534 | –42,1 % |
Beherbergung, Gastro | 191 | 132 | 86 | 75 | 484 | 888 | –45,5 % |
Information u. Kommunik. | 35 | 27 | 16 | 27 | 105 | 149 | –29,5 % |
Finanz- u. sonst. Dienstl. | 250 | 181 | 133 | 103 | 667 | 1.003 | –33,5 % |
Persönliche Dienstl. | 63 | 48 | 32 | 25 | 168 | 245 | –31,4 % |
Summe | 1.144 | 824 | 649 | 538 | 3.155 | 5.059 | –37,6 % |
„Trotz der massiv schwierigen wirtschaftlichen Lage vieler Unternehmen gab es im Corona-Jahr 2020 nicht mehr, sondern deutlich weniger gemeldete Unternehmensinsolvenzen“, kommentiert Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas und liefert auch gleich eine Begründung dafür, nämlich die coronabedingten Lockerungen für Insolvenzanträge.
Diese Entwicklung kommt dementsprechend auch nicht überraschend. Beispielsweise hatte der Österreichische Verband Creditreform bereits vor Monaten zu bedenken gegeben, dass die Lockerungen in Bezug auf Insolvenzanträge die tatsächliche wirtschaftliche Lage verdecken.
Durch de facto zahlungsunfähige Unternehmen drohe auch ein Risiko für deren Geschäftspartner, sagte Creditreform damals (VersicherungsJournal 22.6.2020). Und: Viele Pleiten würden nur hinausgezögert (VersicherungsJournal 11.12.2020).
Die A.C.I.C. Kreditversicherungsmakler GmbH teilte im September 2020 mit, einer eigenen Auswertung zufolge müsse in Österreich 2021 mit 15 Prozent mehr Insolvenzanträgen kalkuliert werden als 2019 (VersicherungsJournal 30.9.2020).
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