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Bundesrat: Experten diskutierten „Zukunft des Pensionssystems“

5.6.2025 – Eine Komponente mit Kapitaldeckung in der ersten Säule, höhere Regelantrittsalter samt Automatismus, „mehr Ausgewogenheit“ im Mehr-Säulen-System – diese und weitere Optionen für die laufende Reform des Pensionssystems kamen bei einer Expertenrunde im Bundesrat zur Sprache.

Seniorin, Euro-Banknoten (Bild: Alexa/Pixabay)
Bild: Alexa/Pixabay

Die „Zukunft des Pensionssystems“ war am Mittwoch Thema eines Expertenforums im Bundesrat. Univ.-Prof. Rudolf Mosler von der Universität Salzburg bezeichnete das österreichische Pensionssystem als relativ stabil und resilient, es sei „an sich gesund“.

Die Erhaltung der Nachhaltigkeit sei aber „ein permanenter Prozess, der weitere Reformen und ständige Anpassungen erfordert“. Er verwies dabei auf den von der Regierung angepeilten „Nachhaltigkeitsmechanismus“ und die „Teilpension“, deren Form der Umsetzung man sich allerdings erst ansehen müsse.

Bei höherem Antrittsalter die Beschäftigung im Auge haben

Eine Erhöhung des Regelantrittsalters hätte zweifellos Effekte, zu berücksichtigen sei aber, dass über 65-Jährige nicht automatisch eine Beschäftigung fänden.

Die Frage sei daher, wie man diese Menschen in Beschäftigung bringt oder hält – ansonsten würde sich die Kostenbelastung einfach nur in Richtung Arbeitslosenversicherung bzw. Sozialhilfe verlagern.

Ein späterer Antritt treffe außerdem Niedrigverdiener stärker, weil deren Lebenserwartung deutlich niedriger sei. „Da müsste man über sozialen Ausgleich reden.“

Zentrale Schlüssel für das Pensionssystem seien eine längere Erwerbstätigkeit, Vollbeschäftigung, aktive Arbeitsmarktpolitik und Bildung. Die Verbreiterung der Finanzierungsbasis sei ein wiederkehrendes Thema, das durch die Digitalisierung noch größere Bedeutung erlange.

Private Vorsorge „Programm für Gutverdiener“

Zum Ausbau der privaten Vorsorge meinte Mosler, diese sei eine sinnvolle Ergänzung, aber „ein Programm für Gutverdiener“; für Niedrigverdiener sei sie kein Programm, denn diesen fehle das Geld für Investitionen.

In Bezug auf Betriebspensionen sieht er jedoch tatsächlich eine Möglichkeit zum Ausbau. Sie sei in Österreich nämlich unterdurchschnittlich stark ausgebildet. Hier könnte man „mit einem Kollektivvertrag wahrscheinlich einiges bewirken“.

Zu bedenken gab Mosler, dass die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs Eingriffen ins Pensionsrecht Grenzen setze. Diese dürften „nicht zu schnell, nicht zu intensiv“ erfolgen. Lange Übergangsphasen und Einschleifregeln seien nach dieser Judikatur zwingend.

Mosler sprach auch das Problem der großen Lücke („Gender Pension Gap“) zwischen der durchschnittlichen Pensionshöhe der Männer und der Frauen an.

Url: Erhöhung des Antrittsalters dringend notwendig

Thomas Url, Ökonom am Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo), bezeichnete das österreichische Pensionssystem zwar als „extrem leistungsfähig“. Es habe aber auch seine Grenzen, die „von Budgetkrise zu Budgetkrise stärker“ zu spüren seien. Es sei also sinnvoll, Reformen durchzuführen, „weil sie Vertrauen schaffen“.

Url ging auf den Anstieg der Lebenserwartung ein. Er sieht im Antrittsalter eine Schraube, an der zu drehen die Leistungsfähigkeit des Systems intakt halten könnte. Man sollte „dringend daran denken“, so Url, das gesetzliche Pensionsantrittsalter zu erhöhen. Dringend deshalb, weil dafür eine lange Übergangsperiode nötig sei.

Nicht als Kürzung, sondern als zeitliche Verteilung betrachten

Url plädiert dafür, Reformen nicht als Leistungskürzung zu betrachten, „sondern als eine gleichmäßigere Verteilung des Pensionseinkommens über mehrere Jahre“, da ja Anzahl der Bezugsjahre steige.

Für einen längeren Pensionsbezug sei schließlich mehr Pensionsgeld nötig. Dieses könne durch mehr Beitragszahlungen oder höhere Staatszuschüsse generiert werden – was beides niemand wolle – oder eben durch einen Ausgleich der Leistung über die längere Bezugszeit. Letzteres betrachtet er als Ziel einer „vernünftigen Pensionsreform“.

Am Wirtschaftswachstum des Auslands partizipieren

Url sprach unter anderem auch die Option einer systemischen Reform an. Langfristig werde ein „relativ niedriges Produktivitätswachstum“ erwartet. Das heiße, dass die Aufwertungsfaktoren klein sein werden.

„Das können wir eigentlich nur erhöhen, indem wir am rascheren Wirtschaftswachstum im Ausland partizipieren.“ Das würde eine Systemreform in dem Sinn bedeuten, „dass wir Kapital im Ausland investieren“. Norwegen, Schweden oder die Niederlande „machen uns das vor“.

Holzinger: Eigenverantwortung und staatliche Impulse

Die Steuerberaterin Christiane Holzinger sprach sich dafür aus, Finanzbildung im Unterricht zu verankern. Das in frühen Jahren gefütterte Sparschwein sieht sie zwar als einen Faktor, finanzielle Eigenverantwortung zu erlernen.

Mit Blick auf die Altersvorsorge reiche es aber als Symbol nicht aus. Vielmehr seien ein positiver Zugang zu Geld, ein richtiges „Money-Mindset“ und ein Verständnis für Investitionen und finanzielle Eigenverantwortung nötig. Als „extrem wichtig“ und zugleich „unterschätzt“ erachtet sie das Thema der betrieblichen Vorsorge.

Altersvorsorge müsse flexibel, einfach, unkompliziert aber auch innovativ sein, damit es Unternehmern Spaß macht, sich damit zu beschäftigen. Der Staat komme dabei nicht als Retter ins Spiel, sondern als Kooperationspartner, der die Rahmenbedingungen dafür schafft, dass es Lust macht, sich mit Finanzen und Investitionen zu befassen.

Gebraucht werden aus Holzingers Sicht ein Steuersystem, das Investitionen belohnt, eine Bildungspolitik, die Investitionen verständlich macht, und eine Pensionspolitik, die Mut zur Eigenvorsorge mit dem Vertrauen und der Stabilität des Staates verbindet. Eigenverantwortung, gepaart mit klugen staatlichen Impulsen, seien nötig.

Köppl-Turyna: besser später in Pension als höhere Beiträge oder Kürzungen

Monika Köppl-Turyna, Direktorin des Instituts Ecoaustria, erwähnte, in Studien zeige sich unter anderem, dass eine Erhöhung des gesetzlichen Antrittsalters „grundsätzlich eins zu eins“ zu einer Erhöhung der Beschäftigung führe und längeres Arbeiten auch gesundheitsfördernd sein könne.

Das Vorhaben der Bundesregierung bezüglich der Verschärfung der Korridorpension bezeichnete sie als „relativ unambitioniert“, da es an der Nachhaltigkeit des Systems nicht viel ändere. Den geplanten Nachhaltigkeitsmechanismus erachtet sie als eine „Verantwortungsverschiebung“.

Aus ihrer Sicht gibt es im Zusammenhang mit dem Nachhaltigkeitsmechanismus drei Möglichkeiten, von denen sie aber zwei – Beitragserhöhungen und Pensionskürzungen – nicht für empfehlenswert hält. Denn diese würden den Faktor Arbeit und den Konsum belasten, möglicherweise auch die Altersarmut erhöhen. Die dritte Möglichkeit, die „am besten funktioniert“, sei ein höheres Antrittsalter.

Mehr-Säulen-System mit mehr Ausgewogenheit und Automatismus

Die „erfolgreichen“ Länder hätten einen ausgewogeneren Drei-Säulen-Mix sowie einen Automatismus, der die steigende Lebenserwartung einbezieht. Köppl-Turyna ging dabei konkreter auf Modelle anderer Länder ein.

In Dänemark etwa sei die Pension ungefähr so hoch wie in Österreich – aber mit signifikant geringerer Ungleichheit zwischen den Geschlechtern und zwischen Personen mit unterschiedlichen Einkommen. Das Argument, dass kapitalgedeckte Vorsorge etwas für Gutverdiener sei, gelte also nur bedingt.

Auch in Österreich müsste daher darüber nachgedacht werden, mehr Balance ins System zu bringen, durch eine umlagefinanzierte und kapitalgedeckte erste Säule sowie eine betriebliche und private Säule.

Als tatsächlich problematisch wertete sie die private Pensionsvorsorge in Österreich: Durch starke Regulierung würden zweite und dritte Säule „nicht sonderlich gut performen“. Auch hier empfahl Köppl-Turyna einen Blick in andere Länder mit anderer Regulierung.

Zum Nachsehen

Die Aufzeichnung der Veranstaltung ist auf der Website des Parlaments abrufbar.

 
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