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Felbermayr: „Wir haben eine Pflicht, zuversichtlich zu sein“

7.5.2025 – Die Stimmungslage in Österreich ist bescheiden – obwohl die Fundamentaldaten eigentlich Grund zur Zuversicht geben, wie Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr feststellt. Es gelte, aus einem negativen psychologischen Teufelskreis auszubrechen. Das könne gelingen, wenn eine mutige und glaubwürdige Reformagenda gefahren wird. Er nannte dafür vier Ansatzpunkte: Senkung der Lohnnebenkosten, Strommarkt-Governance, Fachkräfte-Strategie und Eindämmung der Bürokratie.

Der Finanz-Marketing Verband (FMVÖ) hat am Dienstag zur „Recommender Award“-Verleihung 2025 in die Wiener Sofiensäle geladen. (Lesen Sie dazu in der heutigen Ausgabe den Beitrag „Die Gewinner beim ‚Recommender Award 2025‘“.)

Die Gala stand in diesem Jahr unter dem Motto „Wert der Zuversicht“ – worauf Gabriel Felbermayr, der Direktor des Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo) in einem Vortrag näher einging.

„Es ist eine Binse, dass Wirtschaft mit Zuversicht zu tun hat“, schickte er vorweg: Ohne Zuversicht kein Investieren, ohne Investieren kein Wirtschaftswachstum, und ohne Wirtschaftswachstum werde es mit der Zuversicht schwierig.

Wir sind auch selber dafür verantwortlich, wie es uns mit unserer Stimmung geht.

Gabriel Felbermayr

„Aus diesem Teufelskreis müssen wir ausbrechen.“ Das gelinge aktuell nicht so recht, offenbar verzögere die Stimmungskrise den Aufschwung – einen Aufschwung, „der eigentlich schon lange in den Fundamentaldaten angelegt ist“. Es habe also etwas mit Psychologie zu tun.

Oft vergessen: Österreich eines der reichsten Länder

Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr bei der Recommender-Gala am Dienstag (Bild: VJ/Screenshot)
Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr bei der
Recommender-Gala am Dienstag (Bild: VJ/Screenshot)

Dabei wäre die Ausgangsposition gar nicht schlecht. Felbermayr sieht jedenfalls keinen Grund zum „Verzweifeln“. Österreich liege mit seinem BIP pro Kopf im globalen Spitzenfeld.

Minimale Veränderungen des BIP würden häufig öffentlich zum Drama stilisiert. Dass die Österreicher aber zu den Reichsten der Welt gehören, werde dagegen häufig vergessen. So sei es dann auch kein Wunder, dass die Zuversicht nicht wiederkehre, wenn man sich der eigenen Stärke nicht bewusstwerde.

Eine schicksalhafte „Systemkrise“ sieht Felbermayr nicht: Die Rahmenbedingungen seien „trotz aller Verwerfungen“ immer noch intakt „und die Weltwirtschaft resilienter, als man manchmal glaubt“.

Er zeigte sich auch zuversichtlich, dass das Jahr 2025 das letzte „schwierige“ Jahr wird. Die Stimmung sei zwar noch immer schlecht, helle sich aber leicht auf, was er anhand von Stimmungsindikatoren in der Sachgütererzeugung zeigte.

Inflation wirkt psychologisch nach

Was allerdings noch nachwirke, sei der „Inflationsschock“ von Ende 2022, Anfang 2023. In Österreich, wo es seit den 70ern kaum Inflation gegeben habe, habe dieses Erlebnis mehr ausgelöst, „als viele geglaubt haben, dass es auslösen könnte“.

Es habe in Österreich auch mehr ausgelöst als in anderen Ländern, die Inflation „nicht nur aus Geschichtsbüchern“ kannten und in denen dieselbe Inflationsdynamik „viel weniger Stimmungseintrübung verursacht hat, viel weniger Angstsparen und viel weniger Investitionszurückhaltung“.

Wir haben eine Pflicht, zuversichtlich zu sein, wenn wir wissen, dass die Zuversicht selber die Mutter des Aufschwungs ist.

Gabriel Felbermayr

Sparphase als Grundlage für künftigen Aufschwung

Die durchschnittliche Sparquote über die Jahre liege in Österreich bei etwa siebeneinhalb Prozent, aktuell (2025) betrage sie 10,2 Prozent – „überraschend viel in einer Situation der Wirtschaftskrise“, wo man eigentlich erwarten würde, dass die Menschen Ersparnisse in die Hand nehmen.

Das Gute am bisherigen überdurchschnittlichen Sparen sei aber, dass hier „die Anlage für den Konsumboom geschaffen wurde“.

Wenn die Stimmung dreht, so Felbermayr, „dann kann da einiges passieren“. Dies könne, jedenfalls in den Konsumgüterbranchen, zuversichtlich stimmen, dass es zu einem „ordentlichen Aufschwung“ kommen kann.

Pflicht zur Zuversicht

Derweil herrsche jedoch eine „persistente schlechte Stimmung“, die, wenn man sich die Fundamentaldaten ansehe, aber „nicht so recht zu erklären ist“.

Immerhin: Die Stimmung verbessere sich „langsam, aber doch“, sodass die Konjunktur laut Wifo-Modellen 2025 „langsam wieder kommen“ dürfte. 2026 könnte es demnach ein BIP-Wachstum von 1,2 Prozent geben.

„Lassen Sie uns zuversichtlich auf diese Zahlen schauen“, appellierte Felbermayr. „Ich würde sogar sagen: Wir haben eine Pflicht, zuversichtlich zu sein, wenn wir wissen, dass die Zuversicht selber die Mutter des Aufschwungs ist.“

Mutige Reformagenda auf den Tisch legen

„Was braucht es, damit die Zuversicht wieder kommen kann?“, fragte Felbermayr. „Wie kommt man aus dieser Spirale selbsterfüllender Prophezeiungen heraus?“ Seine Antwort: „Indem man eine mutige Reformagenda auf den Tisch legt.“

Eine unvernünftige Zuversicht kann keiner brauchen. Aber ich bin ziemlich überzeugt, dass wir vernünftig optimistisch sein können.

Gabriel Felbermayr

Wenn es – in Österreich wie in Deutschland – gelinge, eine solche Agenda auf den Tisch zu legen, die „glaubwürdig, konstruktiv und durchhaltbar ist“, dann könne das „die Stimmung drehen“. Felbermayr nannte vier zentrale Punkte für so ein Programm:

  • Die Lohnnebenkosten seien zu hoch und bedürften der Eindämmung, mit einer Gegenfinanzierung durch schrittweise Effizienzgewinne.
  • Auch die Stromkosten seien zu hoch, es gehe um „die richtige Governance für den Strommarkt“. Erneuerbare Energien durch Wind und Sonne, das bedeute, dass sich Phasen der Überproduktion mit Phasen der Knappheit abwechseln – dafür sei eine „geeignete Strommarkt-Governance“ nötig. Auch das sei verstanden worden. Felbermayr baut hier auf das angepeilte neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz.
  • In Sachen Fachkräfte(mangel) plädierte er für eine im gemeinsamen europäischen Arbeitsmarkt, insbesondere im deutschen Sprachraum, koordinierte Arbeitskräftestrategie.
  • Bürokratie solle in einer Weise eingedämmt werden, dass es „die smarteste“ Bürokratie ist, „die dann so gut ist, dass der Spitzenplatz, den Österreich im internationalen Ranking immer noch hat, auch Zukunft hat“.

Reformbereitschaft gefordert

Wenn Österreich in den Wohlstandsrankings Top-Plätze haben wolle, dann werde es auch in seinen Reformambitionen einen Top-Platz einnehmen müssen, meinte Felbermayr.

Wenn man dies glaubwürdig angehe, werde die Zuversicht zurückkehren und mit ihr das Wirtschaftswachstum, ist sich der Wifo-Direktor sicher. „Dann sind wir wieder in der Positivspirale“, in der die dann besseren Wirtschaftsdaten diese Zuversicht auch bestätigen.

Noch sei es zwar nicht so weit, der „Ausbruch“ aus der Negativspirale sei aber machbar. Nötig seien dafür jetzt der Wille und die Bereitschaft zu Reformen.

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Konjunktur · Marketing · Ranking · Strategie
 
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