5.5.2025 – Ein sprunghafter Anstieg der Pensionsausgaben 2024 und deren langfristige Erhöhung, ein starker laufender Anstieg der Gesundheits- und Pflegeausgaben bis 2070: So stellt sich die Lage Österreichs in den Augen des Fiskalrats dar. Er erwartet dadurch eine „große Finanzierungslücke“.
Der Fiskalrat sieht die Finanzierung des öffentlichen Haushalts gefährdet: „Demografisch bedingte Kostensteigerungen und schwaches BIP-Wachstum führen zu einer großen Finanzierungslücke“, prognostizierte er vergangenen Mittwoch anlässlich der Veröffentlichung seines „Nachhaltigkeitsberichts 2025“.
Das Gremium setzt sich aus 15 Mitgliedern aus dem Bereich des Finanz- und Budgetwesens zusammen. An seien Sitzungen nehmen auch die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) und der Budgetdienst des Parlaments mit beratender Stimme teil sowie weitere Experten.
Als zentrale Messzahl zieht der Fiskalrat die „Finanzierungslücke“ bzw. „fiskalische Lücke“ heran. Sie bezeichnet „den Abstand zwischen dem gegenwärtig projizierten Primärsaldo und dem notwendigen Primärsaldo, um die Schuldenquote pro Jahr um 0,5 % des BIP rückzuführen“, wie es den Minimalanforderungen des europäischen Fiskalregelwerks entspreche.
Während die Finanzierungslücke 2025 2,5 Prozent des BIP betrage, werde sie bis Anfang der 2060er-Jahre auf 7,2 Prozent anwachsen und 2070 bei 7,0 Prozent zu liegen kommen, so der Fiskalrat. Die im Regierungsprogramm angepeilte Konsolidierung genüge nicht: Bei der Umsetzung der für 2025 und 2026 darin vorgesehenen Maßnahmen würde die Lücke 2070 5,3 Prozent betragen.
Hauptverantwortlich für die „langfristige Verschlechterung des Primärsaldos“ sind laut dem Bericht demographische Faktoren, also insbesondere Gesundheit, Pensionen und Pflege.
Im Fall der Pensionsausgaben erfolge der Großteil des Ausgabenanstiegs „aufgrund der verspäteten Wirkung der Hochinflationsphase auf die Pensionen bereits in den Jahren 2024 und 2025“. Durchschnittliche Pensionserhöhungen um 9,7 bzw. 4,6 Prozent seien hauptsächlich für den Anstieg der Pensionsausgaben um 1,3 Prozent des BIP bis 2025 verantwortlich.
„Der Anstieg der Gesundheits- und Pflegeausgaben erfolgt hingegen stärker über den Projektionshorizont verteilt, wobei der stärkste Anstieg in den Jahren 2030 bis 2050 zu erwarten ist und 2060 bis 2070 wieder etwas zurückgeht.“
Der BIP-Rückgang infolge der Hochinflationsphase und der Energiekrise scheine – anders als nach jenem während der Pandemie – laut aktuellen Wirtschaftsprognosen permanent zu sein.
Zudem „führen ein demografisch bedingtes geringes Beschäftigungswachstum und ein moderater erwarteter technologischer Fortschritt zu einem im historischen Vergleich schwachen mittel- bis langfristigen Wirtschaftswachstum“.
Der so gedämpfte Anstieg der Staatseinnahmen sei immer weniger in der Lage, den Anstieg der Staatsausgaben zu kompensieren.
Weil eine Langfristprojektion mit Unsicherheiten behaftet ist, hat der Fiskalrat 21 unterschiedliche Szenarien berechnet. In allen trete aber eine deutliche langfristige Finanzierungslücke zutage.
„Betrachtete Einzelmaßnahmen, wie die Erhöhung des Regelpensionsalters um ein Jahr oder eine Bremse für Gesundheitsausgaben, können die Finanzierungslücke zwar verringern, reichen jedoch bei Weitem nicht aus, um sie zu schließen.“
Um die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen langfristig zu sichern, nennt der Fiskalrat „umfassende Konsolidierungsanstrengungen, die weit über das aktuelle Konsolidierungspaket hinausgehen, unausweichlich“.
Das Ausgabenwachstum im Gesundheits-, Pflege- und Pensionsbereich müsse „durch Strukturreformen adressiert werden“. Zugleich müsse das Einnahmenwachstum „durch wachstumsfördernde Industrie- und Wirtschaftspolitik“ erhöht werden.
Der „Bericht über die fiskalische Nachhaltigkeit 2025“ kann als PDF-Dokument von der Website des Fiskalrats heruntergeladen werden.
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