3.7.2025 – Seit der Corona-Krise haben die Krankenstände stark zugenommen, die durchschnittliche Zahl der Krankenstandstage war 2024 um zwei höher als vor der Pandemie. Das verursacht enorme Kosten, insbesondere auch für Unternehmen. „Nichthandeln können wir uns nicht leisten“, so die stellvertretende Direktorin des WIFO Christine Mayrhuber.
Allein die direkten Kosten der Krankenstände – Entgeltfortzahlungen und Krankengeld – beliefen sich 2024 auf rund 5,8 Milliarden Euro oder 1,2 Prozent der österreichischen Wirtschaftsleistung.
Das sagte Christine Mayrhuber, stellvertretende Direktorin des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) und Studienverantwortliche, bei der Präsentation des im Auftrag von WKO, AK und Dachverband der Sozialversicherungsträger erstellten „Fehlzeitenreports 2025“.
Dazu kommen die indirekten Kosten durch Wertschöpfungsverluste, für die allerdings keine exakten Zahlen vorliegen. Sie lagen laut Berechnungen 2023 zwischen 5,1 und 8,5 Milliarden Euro, 2024 dürften sie nicht wesentlich niedriger gewesen sein.
Damit entstanden im Vorjahr durch Krankenstände insgesamt Kosten von bis zu 14 Milliarden Euro – „Nichthandeln können wir uns nicht leisten“, resümierte Mayrhuber angesichts der „enormen“ Höhe dieser Kosten.
Die Covid-Pandemie habe eine Zäsur im Krankenstandsgeschehen bewirkt, so Mayrhuber, es sei eine deutliche Zunahme der Krankenstände seit dieser Krise zu verzeichnen. Lag der Durchschnitt der Krankenstandstage in der Dekade vor der Pandemie bei rund 13, so waren es 2024 15,1 Tage.
Damit sei man auf das Niveau von 1970 zurückgekehrt, erläuterte Mayrhuber. Eine vor allem auch für die Wirtschaft problematische Entwicklung, wie Rolf Gleißner, Leiter der Abteilung für Sozial- und Gesundheitspolitik in der WKO, betonte – koste doch ein Krankenstandstag Unternehmen rund 250 Euro.
Die Zunahme der Krankenstände nach Covid sei aber kein österreichisches Phänomen, der Trend sei international zu beobachten, so Gleißner. Ursachen dafür sieht er auch in psychischen Belastungen seither, in der demografischen Entwicklung und höherer Sensibilität der Menschen.
70,1 Prozent der unselbständig Erwerbstätigen seien 2024 von krankheitsbedingten Fehlzeiten betroffen gewesen, heißt es in der Studie. Die durchschnittliche Länge eines Krankenstands betrug 15,1 Kalendertage. Insgesamt ergab sich daraus ein Verlust an Jahresarbeitszeit von 4,1 Prozent.
Die am weitesten verbreiteten Krankheitsdiagnosen waren Erkrankungen der Atemwege und des Muskel-Skelett-Systems; sie verursachten die Hälfte der Krankenstandsfälle. Weiter rückläufig war die Zahl der Arbeitsunfälle, von denen im Vorjahr 2,7 Prozent der Beschäftigten betroffen waren.
Psychische Erkrankungen waren zwar nur für 2,8 Prozent der Fälle, aber für elf Prozent der Krankenstandstage verantwortlich; hier sei laut Studie eine starke Zunahme seit 2018 zu verzeichnen.
Im Fokus der Studie waren diesmal Langzeitkrankenstände. Nur 3,1 Prozent aller Krankenstandsfälle führten zu einer durchgehenden Abwesenheit von mindestens 40 Tagen, sie verursachten aber rund 40 Prozent der gesamten Krankenstandstage.
Verbrachten früher Männer zum Teil deutlich mehr Zeit im Krankenstand als Frauen, so hat sich dies nach 2008 geändert: 2024 lag die Durchschnittsdauer bei Frauen bei 15,9 Tagen, bei Männern aber nur bei 14,5 Tagen.
Gründe dafür sieht Mayrhuber unter anderem darin, dass heute mehr Frauen berufstätig sind, in der demografischen Entwicklung und in den Beschäftigungsfeldern der Frauen. Möglicher Grund könnte auch die Mehrfachbelastung der Frauen sein, hierzu würden aber Studien fehlen.
Vergleichsweise häufiger krank gewesen seien Jugendliche unter 20 Jahren, so die Studie. Auffällig seien die hohe Unfallwahrscheinlichkeit vor allem männlicher Lehrlinge sowie die Vielzahl an Infektionskrankheiten: Ihr Immunsystem müsse noch trainiert werden, so Mayrhuber.
Ab dem 20. Lebensjahr gingen die altersspezifischen Krankenstandsquoten zurück, stiegen dann ab 45 Jahren wieder an und erreichten zwischen 60 und 64 Jahren den Höchstwert. Ältere seien zwar nicht öfter, aber länger krank als Jüngere, so die Studie.
Da die drei großen Krankheitsgruppen Muskel-Skelett-Erkrankungen, psychische Erkrankungen sowie Verletzungen und Vergiftungen hauptverantwortlich für lange Ausfallzeiten sind, sei es „einfach, Maßnahmen zu setzen“, so Mayrhuber, insbesondere im Bereich der Prävention.
Für Peter McDonald, Vorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger, ist es besonders wichtig, das Bewusstsein für eigenverantwortliches Verhalten in Bezug auf die eigene Gesundheit zu stärken; sinnvoll wären auch Anreize, damit die Menschen einen Beitrag leisten, um gesund zu bleiben.
Wolfgang Panhölzl, Leiter der Abteilung Sozialversicherung der AK Wien, betont ebenfalls die Bedeutung der Prävention: Wenn künftig mehr Ältere arbeiten, sei ein Ansteigen der Langzeitkrankenstände andernfalls absehbar. Und eine bessere Versorgung bei chronischen Krankheiten sei wichtiger als das Schaffen von Anreizen.
„Wenn wir den Sozialstaat erhalten wollen, müssen wir die Menschen länger und gesund in Beschäftigung halten“, so McDonald. Gleichzeitig gelte es aber auch, Krankenstandsmissbrauch zu verhindern – helfen könne bei der Kontrolle auch der Einsatz Künstlicher Intelligenz.
Der Fehlzeitenreport 2025 kann von einer Website der Österreichischen Sozialversicherung als PDF (2 MB) heruntergeladen werden.
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