13.9.2024 – Gertrude Pils ist Mitglied der bei der Eiopa angesiedelten Stakeholder Group für betriebliche Altersvorsorge. Im Interview plädiert sie unter anderem für bessere Datenverfügbarkeit, mehr Transparenz in der Kundeninformation und eine Stakeholder Group auch auf österreichischer Ebene.
Kontinuität für Österreich: In der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (Eiopa) gibt es die „Stakeholder Group für betriebliche Altersvorsorge“.
Dieses Gremium besteht aus 30 Expertinnen und Experten aus den Mitgliedsstaaten. Sie beraten als „Beirat“ die EU-Aufsichtsbehörde zu geplanten Regulierungen, Aufsichtsmaßnahmen und deren Umsetzung sowie zu allen Fragen betreffend die Entwicklung von Betriebspensionen.
Kürzlich wurde Gertrude Pils neuerlich durch das Board of Supervisors der Eiopa in die Stakeholder Group berufen, sie ist das einzige österreichische Mitglied. Pils ist in Österreich unter anderem stellvertretende Vorsitzende des Schutzverbandes der Pensionskassenberechtigten (Pekabe).
Die neue Tätigkeitsperiode beträgt vier Jahre, läuft also bis 2028. Pils ist in der Stakeholder Group für betriebliche Altersvorsorge eine der wenigen Stimmen aus der Gruppe der „Betroffenen“, also der Leistungsberechtigten von Pensionskassen.
Weiters (mehrheitlich) vertreten in der Stakeholder Group sind Institutionelle, Interessenvereinigungen und Wissenschaftler. Die Stakeholder Group kann zu allen Eiopa-Themen Kommentare abgeben, eigene Vorschläge formulieren und nationale Aspekte und Interessen bei der Implementierung von Regelungen einbringen.
Im Gespräch anlässlich ihrer Wiederberufung führt Pils aus, was ihr am Herzen liegt: Wünschenswert wäre etwa – aus ihrer Erfahrung in und mit diesem „Beirat“ –, so eine Stakeholder Group auch auf nationaler Ebene, also in Österreich, einzurichten – als „logische Ergänzung“ zur europäischen Ebene.
In der Stakeholder Group der Eiopa setzt sich Pils, gemeinsam mit den anderen dortigen Betroffenen- und Konsumenten-Vertretern, für mehr Transparenz, Kostensenkung und bessere Performance der Pensionskassen ein sowie für mehr Mitspracherechte der Betroffenen dort.
Pils wünscht sich (bessere) öffentliche statistische Daten, ob das Pensionskassensystem überhaupt seinen Zweck – die nachhaltige Bereitstellung von sicheren Pensionen – erfüllt. Also beispielsweise transparente Info-Daten über konkrete Auszahlungen, Kürzungen sowie Kosten und Fees. Denn „ohne solches Wissen kann man keine fundierten politischen (Reform-)Entscheidungen treffen“, argumentiert Pils.
Eine lange Forderung war jene nach mehr Veranlagungstransparenz: 2023 war dann erstmals die Veranlagungsperformance von Pensionskassen Gegenstand eines eigenen Eiopa-Berichtes.
„Das System ist nur so gut, wie es in der Lage ist, nachhaltig sichere Pensionen zu generieren“, argumentiert Pils. „Das größte Risiko ist ja nicht der Kapitalmarkt selbst, sondern sind die Investmentmanager, die Verantwortung für ihre Entscheidungen übernehmen müssen“.
In Österreichs Pensionskassensystem würden Risikotragung und Entscheidungsrechte „diamentral auseinanderfallen“, kritisiert sie. Das Risiko trügen die betroffenen Leistungsberechtigten, aber ohne Mitspracherechte. Und bei den Kassen als De-facto-Oligopol fehle die „Verantwortlichkeit, wenn sie suboptimale Leistungen erbringen“.
Diese „Schieflage“ zu Ungunsten der Betroffenen müsse behoben werden, eben durch mehr Transparenz, mehr Mitspracherechte und mehr Wahlmöglichkeiten für die Berechtigten: Pensionskassenwechsel, Wechsel der Veranlagungs- und Risikogruppe innerhalb der Pensionskasse, bis hin zu einem vorzeitigen „Geld heraus“-Ausstieg unter gewissen Umständen – in anderen Ländern gebe es dazu flexiblere Möglichkeiten als in Österreich.
Außerdem: Bis 2003 gab es im heimischen Pensionskassensystem eine „Mindestertragsgarantie“ als „fundamentalen Eckpfeiler des ursprünglichen Pensionskassengesetzes“. Diese Mindestertragsgarantie für den Fall, dass die Performance nicht erreicht wird, solle wieder eingeführt werden, fordert Pils.
In der Stakeholder Group stehen jedenfalls zahlreiche Themen auf der Agenda: Sustainable Investments und Taxonomie-Konformität – also in welchem Umfang sollen Pensionskassen in ESG-freundliche Anlagen investieren. Der „Gender Pension Gap“ wird weiter beschäftigen, wie auch das Thema Transparenz und Kosten.
Bei „Stresstests“ für Pensionskassen, die speziell auf Auswirkungen auf die betroffenen Kunden abstellen, gebe es noch Handlungsbedarf. Cybersecurity und „Proportionalität“ von Regeln je nach Größe von Pensionskassen seien ebenfalls Dauerthemen.
Neu seien Überlegungen zu einer „Pan European Occupational Pension – Peop“.
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