15.9.2023 – Im Vorjahr hatte ein vom Fachverband in Auftrag gegebenes Gutachten erhebliche Zweifel an der europarechtlichen Zulässigkeit eines Provisionsverbots zum Ausdruck gebracht. Da mit dem Entwurf für die Kleinanlegerstrategie nun ein konkreter Gesetzesentwurf vorliegt, wurde ein Ergänzungsgutachten erstellt. Auch in diesem werden mehrere Argumente gegen eine Zulässigkeit aufgelistet.
Bereits im Juni 2022 hatte der Fachverband der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten ein – von Univ.-Prof. Thomas Jaeger und Univ.-Ass. Corinna Potocnik-Manzouri von der Universität Wien verfasstes – Gutachten mit Blick auf ein potenzielles Provisionsverbot vorgestellt.
Dabei wurde von der Annahme ausgegangen, dass ein solches Verbot in die „IDD 2“ Eingang finden und der Finanzmarktrichtlinie nachempfunden wäre.
Zentrale Schlussfolgerung: Ein solches Provisionsverbot würde Grundfreiheiten des Binnenmarktes zuwiderlaufen, brächte keine Verbesserung gegenüber dem Ist-Zustand, sei konkret nicht verhältnismäßig – und damit potenziell europarechtswidrig (VersicherungsJournal 1.7.2022).
Von einer „IDD 2“ ist zwar noch keine Rede. Wohl aber sieht der Entwurf der EU-Kommission für die Kleinanlegerstrategie umfangreiche Änderungen an der Versicherungsvertriebsrichtlinie vor. Bekanntermaßen finden sich darin auch partielle Provisionsverbote (VersicherungsJournal 11.9.2023, 11.9.2023).
Aus diesem Anlass hat der Fachverband die Aktualisierung des Gutachtens in Auftrag gegeben. Das von Jaeger und Cornelia Lanser erstellte Papier zählt abermals eine Reihe von Punkten auf, mit denen die Zulässigkeit dieses partiellen Provisionsverbots in Zweifel gezogen wird.
Unter anderem heißt es darin, „mangels eindeutiger Formulierung“ sei unklar, welche Versicherungsvermittler vom avisierten Provisionsverbot erfasst wären. Die Passage lasse mehrere Interpretationsmöglichkeiten zu.
Das Provisionsverbot werfe „erhebliche Bedenken im Hinblick auf das Transparenz- und Bestimmtheitsgebot auf, da die bestehende Unklarheit hinsichtlich des vom avisierten Provisionsverbot erfassten Personenkreises zu Rechtsunsicherheit“ führe.
Bekräftigt wird auch die Skepsis in Bezug auf die Grundfreiheiten. Eine freiverkehrsrechtliche Beurteilung erweise, „dass das partielle Provisionsverbot mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als unzulässiger Eingriff in die grenzüberschreitende Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit zu qualifizieren ist“.
Zudem sei „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit“ davon auszugehen, dass die Maßnahme auch nicht gerechtfertigt werden kann, „da sie unverhältnismäßig, insbesondere sie nicht das gelindeste, zur Zielerreichung eines hohen Verbraucherschutzniveaus geeignete Mittel, sein dürfte“.
Das vollständige „Memorandum zur unionsrechtlichen Beurteilung des Richtlinienentwurfs für ein ‚Provisionsverbot‘ für Versicherungsmakler anhand der EU-Grundfreiheiten und EU-Grundrechte“ kann von der Website des Fachverbandes als PDF-Dokument (362 KB) heruntergeladen werden.
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