Regierung stößt Änderungen in zweiter Säule an

18.12.2025 – Generalpensionskassenvertrag, Entnahmemöglichkeiten, „Lebenszyklusmodell“ für die Veranlagung, höherer Freibetrag für die Zukunftssicherung: 2026 will die Regierung die zweite Säule „attraktiver“ machen. Dem VVO kommen in dem nun vorgeschlagenen Paket allerdings die betriebliche Kollektivversicherung und die Zukunftsvorsorge zu kurz. Der Fachverband Pensions- und Vorsorgekassen wiederum fürchtet, dass Entnahmeoptionen den Gedanken der langfristigen Vorsorge untergraben.

Drei Säulen (Bild: Allison Saeng/Unsplash)
Bild: Allison Saeng/Unsplash

Die betriebliche Altersvorsorge soll attraktiver werden. Das ist einem Papier zu entnehmen, das der Ministerrat in seiner Sitzung am Mittwoch verabschiedet hat.

Der Zugang zur zweiten Säule „als Ergänzung zu einer starken 1. Säule“ soll verbreitert werden – zumal derzeit nur rund jeder vierte Arbeitnehmer eine Pensionskassenzusage habe.

Übertragung von Guthaben von Vorsorge- zu Pensionskassen

Zu diesem Zweck soll, wie schon im Regierungsprogramm vereinbart, ein Generalpensionskassenvertrag geschaffen werden. „Herzstück“ des Vorhabens sei die Übertragungsmöglichkeit der Anwartschaften.

„Dazu wird ein gesetzliches Recht geschaffen, wonach Guthaben aus der Abfertigung NEU (Mitarbeitervorsorgekasse) regelmäßig in eine Pensionskasse kostenfrei übertragen werden können, erstmalig für alle Anwartschaftsberechtigten im Jahr 2027“, wird in dem Papier erklärt.

Dies schaffe die Option, eine lebenslange, steuerfreie Zusatzrente zu generieren. Zudem werde so die Durchlässigkeit zwischen Vorsorge- und Pensionskassen erhöht und die Wahl zwischen dem Verbleib im Abfertigungskassen-System und der Einbringung in eine Pensionskasse geschaffen.

„Weitere strukturelle Reformschritte“

In dem Dokument werden für nächstes Jahr „weitere strukturelle Reformschritte“ angekündigt. Fünf Punkte werden genannt:

  • „Härtefallregelung“: In „klar definierten außergewöhnlichen Lebenslagen“, etwa bei längerer Arbeitslosigkeit, schwerer Krankheit oder erheblichen Elementarschäden, soll ein „begrenzter, kontrollierter Zugriff“ auf einen Teil der Pensionskassenanwartschaft möglich sein.
  • Herausnahmemöglichkeiten bei Pensionsantritt „sind zu prüfen“.
  • „Lebenszyklusmodelle in der Veranlagung“: Es soll die Möglichkeit geben, mit höherem Aktienanteil in jungen Jahren und sukzessiver Reduktion des Risikos mit zunehmendem Alter zu veranlagen. Dies erhöhe Renditechancen und reduziere Wertschwankungen im Vorpensionsalter. „Wahlmöglichkeiten zwischen Veranlagungsstilen werden zudem auch für Personen eröffnet, die sich bereits im Pensionsbezug befinden.“
  • „Mehr Transparenz, Prüfung der Verwaltungskosten und internationale Performance-Benchmarks“: Internationale Vergleichskennzahlen sollen dazu beitragen, die Performance der Pensionskassen zu verbessern.
  • Die bisherige Datenlage zu Höhe, Verteilung und Verbreitung der zweiten Säule soll „deutlich verbessert werden“, insbesondere um die Entwicklung der BAV „laufend treffsicher evaluieren zu können“.

Abfertigung neu, höherer Freibetrag für private Vorsorge

„Handlungsbedarf“ sieht die Bundesregierung auch bei der „Abfertigung Neu“. Neben der Übertragungsmöglichkeit werde dieses Instrument auch „insgesamt“ evaluiert, „insbesondere mit Fokus auf Zielerreichung, Effizienz, Veranlagungsstrategie und auf Kosten/Nutzen der Bruttogarantie“.

Abseits dessen „wird der jährliche Freibetrag für Zuwendungen zur privaten Vorsorge im Rahmen der budgetären Möglichkeiten angehoben“.

Das Gesamtpaket soll im Laufe des Jahres 2026 „unter Einbindung von Expertinnen und Experten unter Berücksichtigung der Sozialpartner-Einigung zur betrieblichen Altersvorsorge“ erarbeitet werden.

Fachverband Pensionskassen sieht gesamtes System gefährdet

Der Fachverband der Pensions- und Vorsorgekassen zeigte sich in einer Aussendung zwar erfreut, „dass der im Regierungsprogramm angeführte Generalpensionskassenvertrag vorgesehen ist“.

Weitere Punkte wichen aber vom „konzeptionell gut durchdachten“ Sozialpartnerpapier (VersicherungsJournal 1.7.2025) in zentralen Punkten ab. Statt Performanceverbesserung drohe eine „Gefährdung für das gesamte System“, heißt es sogar.

Kritisch sieht der Fachverband vor allem eine allfällige generelle Herausnahmemöglichkeit bei Pensionsantritt. Dies würde nach Ansicht der Interessenvertretung aus einem erfolgreichen, kollektiven Rentensystem ergänzend zur staatlichen Pension ein beliebiges Ansparprodukt machen“.

Fachverbandsobmann Andreas Zakostelsky fordert stattdessen „Maßnahmen zur Performance-Steigerung“ und einen Fokus auf den „Ausbau für alle“.

„Wo bleibt da noch der Vorsorgegedanke?“

Und wenn angedacht werde, dass die „Abfertigung neu“ künftig jederzeit entnommen bzw. übertragen werden kann, so sei dies „definitiv nicht zu Ende gedacht worden und würde die Abfertigung Neu mittelfristig ruinieren“, meint Zakostelsky.

„Wo bleibt da noch der Vorsorgegedanke, wenn jederzeit herausgenommen bzw. übertragen werden kann?“, so der Fachverbandsobmann.

VVO fordert weitere Reformschritte

Der Versicherungsverband (VVO) begrüßte in einer Reaktion die angekündigte Stärkung der zweiten Säule, „weist aber darauf hin, dass wesentliche Punkte darin noch nicht enthalten sind“:

  • Im Rahmen des Generalpensionskassenvertrags müsse ein Level-Playing-Field zwischen Pensionskassen und betrieblicher Kollektivversicherung hergestellt werden.
  • Der seit Jahrzehnten nicht angehobene Freibetrag der Zukunftssicherung (§ 3 Abs. 1 Z. 15 lit. a EStG), aktuell 300 Euro pro Jahr, müsse valorisiert werden.
  • Die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge müsse reformiert werden, um die private Vorsorge zu stärken.

Die private Altersvorsorge sorge für eine „größere individuelle finanzielle Sicherheit im Alter“, sagt VVO-Vizepräsident Ralph Müller. Die betriebliche und private Altersvorsorge müsse in einem integrierten Drei-Säulen-Pensionssystem „einen ausgewogenen Platz“ finden.

Die Versicherungswirtschaft, fügt VVO-Generalsekretär Christian Eltner hinzu, werde „einen aktiven Beitrag leisten das im Ministerrat angekündigte Paket im nächsten Jahr mitzugestalten“.

Zum Herunterladen

Der vollständige Ministerratsvortrags „Beschäftigung und soziale Absicherung im Alter“ kann als PDF-Dokument (103 KB) von der Website des Bundeskanzleramts heruntergeladen werden.

 
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