25.9.2025 – Die Schwere der versicherten Cyberschäden ist zurückgegangen, die Anzahl der Großschäden auch, berichtet Allianz Commercial. Auf nachlassende Hacker-Attacken sollte deshalb aber nicht geschlossen werden; Gründe für den Rückgang sieht der Versicherer in gestiegenem Risikobewusstsein, Prävention und Unterstützung im Schadensfall. Die Marktdurchdringung mit Cyberversicherungen sei derweil nach wie vor relativ gering. Und der Fokus von Ransomware-Attacken verlagere sich von großen hin zu weniger widerstandsfähigen kleineren Unternehmen.
Rund 300 Cyber-Schadensfälle sind global im ersten Halbjahr 2025 bei Allianz Commercial gemeldet worden. Das Schadengeschehen entspreche damit etwa dem Niveau des Vorjahres. Dies gab die auf Groß- und Mittelunternehmen spezialisierte Einheit der Allianz-Gruppe am Dienstag bekannt.
Auch für das Gesamtjahr erwarte man, dass die Anzahl der Schadensfälle mit rund 700 stabil bleibt. Dies beinhalte „den saisonalen Anstieg der Aktivitäten zwischen ‚Black Friday‘ Ende November und dem Jahresende“.
Zugleich war von „positiven Trends“ die Rede. So seien – „trotz immer ausgeklügelter Angriffe“ – die Schwere der Schäden um mehr als 50 Prozent und die Häufigkeit von Großschäden um rund ein Drittel zurückgegangen.
„In diesem Jahr haben mehrere Ransomware-Vorfälle (Erpressung mittels Schadprogrammen; Anm.) Schlagzeilen produziert aber insgesamt sehen wir, dass die versicherten Schäden durch diese Angriffe im Jahr 2025 bisher rückläufig sind“, sagt Michael Daum, Global Head of Cyber Claims bei Allianz Commercial.
Verbesserte Erkennungs- und Reaktionsfähigkeiten der Unternehmen leisteten einen Beitrag dazu, Angriffe frühzeitig zu stoppen. „Das ist wichtig, denn mit jedem Schritt, den ein Angreifer vorankommt, und jeder Minute, die er sich im System aufhält, steigen die Auswirkungen exponentiell“, so Daum.
„Die Kosten eines Ransomware-Angriffs, der zu Datendiebstahl und Verschlüsselung führt, können 1.000-mal höher sein als bei einem Vorfall, der frühzeitig erkannt und eingedämmt wird.“
Ransomware-Angriffe ist laut Allianz Commercial nach wie vor Hauptursache für Cybervorfälle. Im ersten Halbjahr machten sie den Angaben zufolge rund 60 Prozent des Wertes großer Schadensfälle aus.
„Aufsehenerregende Vorfälle in vielen Branchen“ unterstreichen die anhaltende Bedrohung, so der Versicherer. Es gebe aber Anzeichen dafür, dass sich internationale Zusammenarbeit in der Strafverfolgung und „die Stärkung der Cybersicherheit durch große Unternehmen“ positiv auswirken.
Festzustellen sei, dass Angreifer ihren Fokus auf kleinere Unternehmen verlagern, die in der Regel weniger widerstandsfähig seien als multinationale Konzerne, sowie auf Unternehmen in anderen Regionen, beispielsweise in Asien oder Südamerika.
Ransomware sei an 88 Prozent der Datenverstöße bei kleinen und mittleren Unternehmen beteiligt gewesen, aber nur an 39 Prozent bei großen Unternehmen, merkt Allianz Commercial unter Berufung auf Zahlen des US-Telekom-Dienstleisters Verizon an.
Eine Verschiebung registriert Allianz Commercial auch an anderer Stelle: In den letzten Jahren habe sich ein Wandel von rein erpresserischen Ransomware-Angriffen hin zu doppelter Erpressung („double extortion“) einschließlich Datendiebstahls vollzogen.
„40 Prozent des Wertes großer Cyber-Schadensfälle in der ersten Hälfte des Jahres 2025 betrafen Datendiebstahl, gegenüber 25 Prozent im gesamten Jahr 2024. Die Verluste waren mehr als doppelt so hoch wie diejenigen ohne Datenklau.“
Die durchschnittlichen Kosten für Datenverstöße erreichten laut dem Versicherer 2024 mit fast fünf Millionen US-Dollar einen Rekordwert. Unter anderem sei dies auf strengere Datenschutzbestimmungen zurückzuführen.
Und wied der Versicherer ebenfalls anmerkt: Die Abhängigkeit von digitalen Lieferketten, die Auswirkungen strengerer Datenschutzbestimmungen und „immer raffiniertere Social-Engineering-Angriffe“ erweitern den Umfang potenzieller Schäden für alle Unternehmen.
Am stärksten von großen Cyberschäden – gemeint sind Versicherungsschäden über eine Million Euro – betroffen war in den ersten Halbjahren 2020 bis 2025 laut Bericht das verarbeitende Gewerbe (33 Prozent). Danach folgen Dienstleistungen und Beratung (18 Prozent).
An dritter Stelle liegt der Einzelhandel. Dass er zu den anfälligeren Branchen gehört, führt Allianz Commercial auf mehrere Faktoren zurück: „Einzelhändler erzielen oft hohe Umsätze, verarbeiten große Mengen personenbezogener Daten und sind anfällig für Betriebsunterbrechungen, da die große Anzahl von Mitarbeitern, Lieferanten und IT-Systemen eine breite Angriffsfläche bietet.“
Auf den weiteren Plätzen folgen IT-Services (7 Prozent), Lebensmittel und Getränke (6 Prozent), Unterhaltung (6 Prozent) sowie Gesundheit und Pharma (5 Prozent). Die restlichen 16 Prozent entfallen auf andere Branchen.
Für Deutschland weist Allianz Commercial auf eine Diskrepanz hin: Die wirtschaftlichen Auswirkungen von Cyberkriminalität hätten innerhalb von vier Jahren um 250 Prozent zugenommen. Demgegenüber sei die Schadenssumme Cyber-Versicherter laut Zahlen der Versicherungsbranche um rund 70 Prozent gestiegen.
Dieses Verhältnis von mehr als 3 zu 1 spiegle „das erhöhte Risikobewusstsein der Cyber-Versicherungsnehmer und ihre Maßnahmen zur Risikominderung“ wider, von denen viele eine Voraussetzung für den Abschluss einer Versicherung seien, folgert Allianz Commercial.
Der Versicherer interpretiert es auch als Zeichen der Wirksamkeit der von Versicherern angebotenen Risikopräventionsdienste und der Unterstützung bei der Reaktion auf Vorfälle.
Die Minimierung von Betriebsunterbrechungen – auf die mehr als die Hälfte der Cyber-Schadenswerte entfalle –, bleibe ein wichtiges Ziel, da die Aufrechterhaltung der Geschäftskontinuität die Kosten für Unternehmen und Versicherer erheblich senke.
Was die Zukunft des globalen Marktes für Cyberversicherungen angeht, rechnet Jarrod Schlesinger, Global Head of Financial Lines und Cyber bei Allianz Commercial, dass er sich „bis zum Ende des Jahrzehnts voraussichtlich auf fast 30 Milliarden US-Dollar mehr als verdoppeln“ wird.
Die Marktdurchdringung sei allerdings nach wie vor relativ gering. „Cyberversicherungen spielen jedoch eine wichtige Rolle beim Aufbau von Resilienz in Zeiten rascher technologischer und regulatorischer Veränderungen. Das Bewusstsein dafür muss noch wachsen.“
Viele Unternehmen seien sich nicht über den Umfang des Versicherungsangebots im Klaren. „Dieses kann Kosten im Zusammenhang mit der Reaktion auf Verstöße, Betriebsunterbrechungen sowie behördliche Geldbußen und Strafen umfassen“, so Schlesinger.
Der Bericht „Cybersicherheit und -resilienz 2025 – Schaden- und Risikomanagement-Trends“ kann als PDF-Dokument von der Allianz-Commercial-Website heruntergeladen werden.
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