25.11.2025 – Indem der Versicherungsnehmer die gravierenden technischen Probleme und die Reparaturnotwendigkeit der Yacht beim Vertragsabschluss nicht mitgeteilt hat, hat er grob fahrlässig gegen seine vorvertragliche Anzeigepflicht verstoßen, so der OGH. Der Versicherer ist leistungsfrei.

Am 13. April 2022 beantragte A.E. für seine Motoryacht den Abschluss einer Kasko- und Haftpflichtversicherung. Drei Tage danach kam es in der Nacht zu einem Brand, bei dem das Schiff schwer beschädigt wurde.
A.E. meldete den Schadenfall am 21. April, der Versicherer erklärte am 19. Mai 2022 den Rücktritt vom Vertrag und lehnte eine Zahlung mit der Begründung ab, dem Versicherungsnehmer seien gravierende technische Probleme und eine umfassende Reparaturnotwendigkeit der Yacht bekannt gewesen.
Daraufhin reichte A.E. Klage gegen den Versicherer ein, in der er 35.000 Euro fordert. Erst- und Berufungsgericht wiesen die Klage ab, worauf sich der Versicherungsnehmer mit einer außerordentlichen Revision an den Obersten Gerichtshof wandte.
In seiner rechtlichen Beurteilung geht der OGH einleitend auf die vorvertragliche Anzeigeobliegenheit des Versicherungsnehmers ein. Gemäß § 16 Absatz 1 Satz 1 VersVG erstrecke sich diese nur auf Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind.
Dabei genüge es für die Bejahung der Gefahrenerheblichkeit, dass ein Umstand vorliegt, der bei objektiver Betrachtung geeignet wäre, den Versicherer dazu zu motivieren, den Vertrag nicht oder nicht zu den bestimmten Bedingungen abzuschließen.
Ein Versicherungsnehmer habe dem Versicherer beim Vertragsabschluss alle ihm bekannten gefahrenerheblichen Umstände anzuzeigen. Solche Umstände können eine spontane Anzeigepflicht auslösen; es sei nicht nötig, dass der Versicherer dazu Fragen stellt.
Nicht ausdrücklich nachgefragte Umstände seien allerdings nur dann mitzuteilen, wenn sich eine Frage des Versicherers konkludent auch auf sie bezieht oder ihre Mitteilung als selbstverständlich erscheint, so der OGH.
In jenen Fällen, in denen ein Umstand vom Versicherungsnehmer nicht angezeigt wurde, nach dem der Versicherer nicht ausdrücklich und genau umschrieben gefragt hat, könne dieser nur dann vom Vertrag zurücktreten, wenn die Anzeige vorsätzlich oder grob fahrlässig unterblieben ist.
Bei der Erfüllung der vorvertraglichen Anzeigepflicht seien an die vom Versicherungsnehmer anzuwendende Sorgfalt „ganz erhebliche Anforderungen zu stellen“, betont der OGH.
Anhaltspunkte für die Beurteilung des Grades der Fahrlässigkeit seien beispielsweise die Gefährlichkeit der Situation, der Wert der gefährdeten Interessen, das Interesse des Handelnden an seiner Vorgangsweise und die persönlichen Fähigkeiten des Handelnden.
Damit grobe Fahrlässigkeit vorliegt, müsse ein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß bei Würdigung aller Umstände des konkreten Falls dem Versicherungsnehmer auch subjektiv schwerstens vorwerfbar sein.
Im vorliegenden Fall habe das Berufungsgericht erklärt, dass die Mitteilung der dem Kläger bekannten Mängel geradezu selbstverständlich gewesen wäre; deren Unterlassung begründe eine grob fahrlässige Verletzung der Anzeigeobliegenheit. Dieser Ansicht schließt sich der OGH in seiner Entscheidung an.
Es sei für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer klar erkennbar, dass diese Informationen für die Risikoübernahme des Versicherers relevant sind.
Angesichts der Gefährlichkeit, der Relevanz der anzuzeigenden Umstände und der mehrfachen Unterlassungen des Klägers liege eine außergewöhnliche und auffallende Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht vor. Die außerordentliche Revision wurde vom OGH daher zurückgewiesen.
Die OGH-Entscheidung 7Ob161/25i vom 22. Oktober 2025 ist im Rechtsinformationssystem des Bundes im vollen Wortlaut abrufbar.
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