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Nach Arbeitsunfall: OGH zur Haftung der Gewerbebehörde

27.8.2025 – Der Oberste Gerichtshof entschied: Die erste gewerbebehördliche Überprüfung betraf eine Vorgängerfirma, der Rechtswidrigkeitszusammenhang mit dem Unfall fehlt. Und bei der Genehmigung der Betriebsanlage des Unternehmens, in dem dann der Unfall passierte, sei ein funktionsfähiger Aufzug nicht erkennbar gewesen. Es habe daher keine Pflicht zu dessen Überprüfung gegeben, die Revision der Sozialversicherungsträger wurde zurückgewiesen.

Bild: Tingey Injury Law Firm.
Bild: Tingey Injury Law Firm.

Bei einem Unfall in einer Ölmühle erlitt ein Arbeitnehmer bei der Benützung eines Aufzugs Verletzungen. Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt und die Österreichische Gesundheitskassa erbrachten dafür Leistungen.

In einer Klage fordern sie von der Republik Österreich und dem Land Burgenland insgesamt mehr als 154.000 Euro. Sie erklären, den Organen der Bezirkshauptmannschaft seien bei gewerbebehördlichen Überprüfungen in den Jahren 2007, 2015 und 2016 Mängel nicht aufgefallen.

2007 hatte in der damals dort betriebenen Getreidemühle eine gewerbebehördliche Überprüfung stattgefunden; 2015 und 2016 wurde dann ein Verfahren zur Genehmigung der darin zuletzt betriebenen Ölmühle durchgeführt.

Dabei seien Sicherheitsmängel des Aufzugs nicht aufgefallen, heißt es in der Klage. Der Unfall hätte verhindert werden können, wenn der Betrieb des Aufzugs untersagt worden wäre, so die beiden Sozialversicherungsträger.

Zustand 2007 nicht mehr feststellbar

Erst- und Berufungsgericht wiesen die Klage ab, die beiden Sozialversicherungsträger wandten sich daraufhin in einer außerordentlichen Revision an den Obersten Gerichtshof (OGH). Dieser ging zuerst auf die Überprüfung der Getreidemühle 2007 ein.

Damals sei der Aufzugsschacht nach Feststellungen des Erstgerichts von zumindest drei Seiten verplankt gewesen, ob auch die vierte Seite verplankt war, lasse sich nicht mehr feststellen. Es stehe daher nicht fest, ob das Bestehen eines funktionsfähigen Aufzugs überhaupt erkennbar war.

Damit sei den Klägerinnen der Beweis der behaupteten Rechtsverletzung, nämlich der unterlassenen Untersagung des Betriebs eines erkennbar funktionsfähigen Aufzugs wegen Sicherheitsmängeln, nicht gelungen.

Fehlender Rechtswidrigkeitszusammenhang

Darüber hinaus hatte das Berufungsgericht erklärt, dass sich der Unfall nicht beim Betrieb der damals überprüften Getreidemühle, sondern beim Betrieb der später bewilligten Betriebsanlage einer Ölmühle ereignet hat.

Vorschriften über die gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung würden aber keine Verhinderung von Gefahren bezwecken, die durch eine andere als die zu überprüfende Betriebsanlage entstünden.

Damit fehle der Rechtswidrigkeitszusammenhang des beim Betrieb der Ölmühle entstandenen Schadens mit dem behaupteten Pflichtverstoß bei der Überprüfung der zum Unfallzeitpunkt nicht mehr bestehenden Betriebsanlage einer Getreidemühle.

Die Argumentation, der Unfall wäre nicht erfolgt, wenn der Betrieb des Aufzugs bereits damals untersagt worden wäre, betreffe nur den Kausalzusammenhang. Zum fehlenden Rechtswidrigkeitszusammenhang hätten die Klägerinnen keine tauglichen Argumente vorgebracht, so der OGH.

Bestehen eines funktionstüchtigen Aufzugs nicht erkennbar

Bei der Bewilligung der neuen Betriebsanlage, der Ölmühle, sei das Bestehen eines funktionsfähigen Aufzugs nicht erkennbar und der Aufzug nicht Gegenstand der zu bewilligenden neuen Betriebsanlage gewesen; auch sei der Aufzug nicht für deren Betrieb notwendig gewesen.

Nach dem im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren eingereichten Plan sollte die neue Ölmühle nur im Erdgeschoß betrieben werden. Im Plan sei der Aufzugsschacht wie eine Säule oder ein Einbau eingezeichnet und bei der Überprüfung durch die Organe von allen Seiten mit verschraubten Platten verbarrikadiert gewesen.

Ein Gesellschafter der Ölmühle habe den Organen gegenüber darüber hinaus wahrheitswidrig erklärt, dass es den Aufzug nicht mehr gebe. Das Berufungsgericht habe daher erklärt, dass das Bestehen eines funktionstüchtigen Aufzugs für die Organe der Gewerbebehörde nicht erkennbar gewesen sei.

Die beiden Sozialversicherungsträger würden in ihrer Revision nicht aufzeigen, warum dennoch eine Pflicht der Gewerbebehörde zur Überprüfung des Aufzugs bestanden hätte. Die außerordentliche Revision wurde zurückgewiesen.

Die Entscheidung im Volltext

Die OGH-Entscheidung 1Ob71/25k vom 24. Juni ist im Rechtsinformationssystem des Bundes im vollen Wortlaut abrufbar.

Schlagwörter zu diesem Artikel
Gesundheitsreform · Sozialversicherung
 
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