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Nach Diebstahl: Was ein Geschädigter beweisen muss

30.9.2025 – Nach einem einfachen Diebstahl bot der Versicherer nur eine geringe Entschädigungssumme, für eine höhere Zahlung seien Ankaufsrechnungen oder sonstige Nachweise erforderlich. Die Schlichtungsstelle der Makler empfahl die Deckung des Schadens, weil es in der Schadensversicherung genügt, ein Mindestmaß an Tatsachen zu beweisen, die das äußere Erscheinungsbild eines Versicherungsfalles bilden.

Bild: Tingey Injury Law Firm
Bild: Tingey Injury Law Firm

Eine Versicherungsnehmerin besitzt eine Wohnung, die sie nur etwa alle zwei Wochen aufsucht, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist. Am 29. Juni 2024 kam sie in die Wohnung und bemerkte, dass Bargeld, ein Armreifen aus Gold und eine Armbanduhr fehlten.

Wie üblich war die Balkontüre zum Lüften einen Spalt offen gestanden; wahrscheinlich war jemand mittels einer Leiter auf den Balkon der im ersten Stock befindlichen Wohnung und durch die Balkontüre in die Wohnung gelangt.

Von ihrem Haushaltsversicherer fordert die Wohnungseigentümerin den Ersatz des Schadens.

Als Aufstellung und Nachweis für die gestohlenen Gegenstände legte sie das Protokoll ihrer polizeilichen Vernehmung, ein Foto eines Armreifens sowie eine Visitenkarte eines Juweliers mit dem handschriftlichen Vermerk „Gold Armband € 2.500,--“ vor.

Bedingungslage

Die Versicherungsnehmerin verfügt über eine Privatbündelversicherung, die auch eine Haushaltsversicherung für die betreffende Adresse einschließt. Für einen einfachen Diebstahl aus den versicherten Räumen betragen die Wertgrenzen 600 Euro für Bargeld und 4.000 Euro für sonstigen Wohnungsinhalt.

Einfacher Diebstahl liegt laut den Bedingungen dann vor, wenn ein Täter Sachen entwendet, ohne dass ein – in den Bedingungen näher definierter – Einbruchsdiebstahl vorliegt.

Als Obliegenheit regeln die Bedingungen in Artikel 4.1.1, dass der Versicherungsnehmer Türen, Fenster und sonstige Öffnungen der Versicherungsräumlichkeiten stets ordnungsgemäß verschlossen hält, wenn diese „auch für noch so kurze Zeit von allen Personen verlassen werden“.

Dies gilt allerdings nicht für Fenster, Balkontüren und sonstige Öffnungen, durch die ein Täter nur unter Überwindung erschwerender Hindernisse einsteigen kann.

Versicherer verlangt Nachweise

Der Versicherer lehnte eine Deckung zuerst ab, da die Wohnung weniger als 270 Tage im Jahr bewohnt ist. Nach einer neuerlichen Deckungsprüfung bot er bei Annahme eines Vergleichs 500 Euro an.

Eine höhere Entschädigungssumme sei ohne Vorlage von Ankaufsrechnungen oder anderen Nachweisen nicht möglich, so der Versicherer.

Die Versicherungsnehmerin wandte sich daraufhin über ihren Makler mit einem Schlichtungsantrag an die Rechtsservice- und Schlichtungsstelle des Fachverbandes der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungssachen (RSS).

Sie argumentiert, es liege ein einfacher Diebstahl vor. Unter Berücksichtigung der dafür geltenden Wertgrenzen habe der Versicherer 600 Euro an Bargeld, 2.500 Euro für den Armreifen und 200 Euro für die Armbanduhr zu ersetzen.

Beweis eines Mindestmaßes an Tatsachen genügt

In ihrer Empfehlung betont die RSS, dass der Versicherungsnehmer den Eintritt des Versicherungsfalles zu beweisen hat; in der Schadenversicherung stünden ihm aber wegen der großen Beweisschwierigkeiten Beweiserleichterungen zu.

Laut einem Rechtssatz des Oberstem Gerichtshofs genüge es, wenn der Versicherungsnehmer „ein Mindestmaß an Tatsachen beweist, die das äußere Erscheinungsbild eines Versicherungsfalles bilden“.

Aufgrund der Nichtteilnahme des Versicherers am Schlichtungsverfahren sei von den Schilderungen der Versicherungsnehmerin auszugehen. Demnach seien aus den versicherten Räumlichkeiten 1.000 Euro Bargeld, ein Armreifen im Wert von 2.500 Euro und eine Armbanduhr im Wert von 200 Euro gestohlen worden.

Deckung empfohlen

Die Versicherungsnehmerin gehe selbst davon aus, dass kein Einbruchsdiebstahl, sondern nur ein einfacher Diebstahl vorliegt, so die RSS.

Der Versicherer wiederum gehe offenbar davon aus, dass das Erreichen der Balkontüre unter Verwendung einer Leiter als „Überwindung erschwerender Hindernisse“ zu verstehen ist und daher keine Verletzung der Obliegenheit des Artikel 4.1.1 vorliegt.

Dem Versicherer wurde daher die Zahlung von insgesamt 3.300 Euro aus der Haushaltsversicherung empfohlen.

In einem eventuellen Gerichtsverfahren müsste die Versicherungsnehmerin allerdings das Vorliegen eines einfachen Diebstahls, das Ausmaß des entstandenen Schadens sowie den vorherigen Besitz der angeführten Wertgegenstände beweisen, so die RSS abschließend.

Weitere Informationen

Die Empfehlung der RSS kann als PDF-Dokument (175 KB) von der Website des Fachverbandes heruntergeladen werden.

Schlagwörter zu diesem Artikel
Haushaltversicherung · Versicherungsmakler
 
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