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OGH klärt Streit um Prämienerhöhung einer Krankenversicherung

28.8.2025 – Der Oberste Gerichtshof entschied: Nur den im VersVG genannten, zur Verbandsklage berechtigten Institutionen komme das Recht zu, die Unterlassung einer Prämienänderung zu verlangen; einzelne Versicherungsnehmer können Unterlassungsansprüche nach dieser Regelung nicht geltend machen. Aber auch außerhalb des VersVG bestehe im vorliegenden Fall kein Unterlassungsanspruch.

Bild: Tingey Injury Law Firm
Bild: Tingey Injury Law Firm

Zwei Versicherungsnehmer hatten im Jahr 1971 einen Krankenversicherungsvertrag abgeschlossen. Vereinbart sind die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung 1995 in der Fassung 2002.

Zuletzt hatten die monatlichen Prämien 212,07 Euro bzw. 240,64 Euro betragen. Per 1. April 2023 nahm der Versicherer eine Prämienanpassung um rund 19,1 Prozent auf 252,55 Euro bzw. 286,80 Euro vor. Die Versicherungsnehmer widersprachen der Prämienerhöhung.

In einer Klage fordern sie, den Versicherer schuldig zu erkennen, die Prämienerhöhung zu unterlassen, da diese grundlos erfolgt, nicht gerechtfertigt und weder vertragskonform noch gesetzlich zulässig sei. Sie verstoße gegen § 6 Absatz 2 Ziffer 4 KSchG und § 879 ABGB.

Bedingungslage

Die Bedingungen sehen in § 18 unter anderem Änderungen der Prämien und des Versicherungsschutzes sowie Leistungs- und Prämienanpassungen vor. Maßgebliche Umstände für eine Veränderung der Prämie werden angelehnt an § 178f VersVG angeführt.

Der Versicherer ist demnach berechtigt, eine Prämien- und Leistungsanpassung aufgrund solcher Änderungen vorzunehmen. Widerspricht der Versicherungsnehmer innerhalb eines Monats nach Empfang der Mitteilung des Versicherers, ist eine Anpassung nicht durchzuführen.

Im Falle eines Widerspruchs ist der Versicherer laut den Bedingungen nicht verpflichtet, eine Anpassung der Versicherungsleistungen zu gewähren.

Vorinstanzen weisen Klage ab

Der Versicherer erklärt, die Prämienanpassung sei auf Grundlage des § 178f VersVG gesetzmäßig und nach dem Versicherungsvertrag berechtigt erfolgt. Das VersVG sehe einen Unterlassungsanspruch, wie er von den Versicherungsnehmern geltend gemacht wird, nicht vor.

Erst- und Berufungsgericht wiesen die Klage ab. Dazu erklärte das Berufungsgericht, einem Versicherungsnehmer stehe ein Unterlassungsanspruch weder nach § 178g VersVG zu, noch könne ein solcher aus dem Versicherungsvertrag abgeleitet werden.

Außerdem könnte ein Unterlassungsanspruch keine weiteren Rechtswirkungen entfalten und die vom Versicherer bereits abgegebene Willenserklärung nicht rückgängig machen, weshalb das Klagebegehren verfehlt sei.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts legten die Versicherungsnehmer daraufhin Revision beim Obersten Gerichtshof ein.

Wer zur Unterlassungsklage nach VersVG berechtigt ist

In seiner rechtlichen Beurteilung geht der OGH einleitend auf die Zulässigkeit von vertraglichen Prämien- und Leistungsanpassungsklauseln in Krankenversicherungsverträgen ein. Diese seien nur in dem Rahmen, den § 178f VersVG taxativ vorgibt, zulässig.

§ 178g VersVG räume den dort genannten, zur Verbandsklage berechtigten Institutionen das Recht ein, im Falle von Prämien- oder Leistungsänderungen Unterlassungsansprüche geltend zu machen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Vorgaben des § 178f VersVG praktisch eingehalten werden.

Nach dem „insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut“ komme die Berechtigung, die Unterlassung einer Änderung zu verlangen, den in § 178g VersVG genannten Institutionen zu; damit könne der einzelne Versicherungsnehmer keine Unterlassungsansprüche nach dieser gesetzlichen Bestimmung geltend machen.

Davon unabhängig stehe es einem Versicherungsnehmer aber frei, sich gegen eine gesetz- oder vertragswidrige Vertragsanpassung durch den Versicherer zur Wehr zu setzen. Das bedeute aber noch nicht, dass ein im konkreten Einzelfall erhobener Unterlassungsanspruch zulässig ist.

OGH zum Begriff der Unterlassungsklage

Mit einer Unterlassungsklage werden Ansprüche auf Unterlassung bestimmter Handlungen eines Beklagten geltend gemacht, mit denen dieser in bestehende Rechte des Klägers eingreift, so der OGH.

Zu unterscheiden sei zwischen einer echten Unterlassungsklage, wenn bereits Rechtsverletzungen erfolgt sind und weitere verhindert werden sollen, und einer vorbeugenden Unterlassungsklage bei drohender erstmaliger Rechtsverletzung.

Beide Fälle würden die Gefahr zukünftiger Eingriffe voraussetzen, immer müsse ein (weiterer) Eingriff in eine fremde Rechtssphäre unmittelbar und konkret drohen.

Kein Unterlassungsanspruch

Im vorliegenden Fall habe das Berufungsgericht erklärt, den Versicherungsnehmern komme auch außerhalb des § 178g VersVG kein Unterlassungsanspruch zu.

In der Revision würden diese nicht darstellen, aus welchen Gründen diese Entscheidung unrichtig wäre. Auch hätten sie die Erklärung des Berufungsgerichts, dass die begehrte Unterlassung die vorgenommene Vertragsänderung nicht rückgängig machen kann, unbekämpft gelassen.

Schließlich entgegnet der OGH der Behauptung eines massiven Rechtseingriffs oder Rechtsverlustes, wenn einem Verbraucher die Möglichkeit der Erhebung einer Unterlassungsklage genommen werde, dass dieser die Möglichkeit habe, ein Feststellungs- oder Zahlungsbegehren zu erheben.

Da damit insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt wurde, hat der Oberste Gerichtshof die Revision als unzulässig zurückgewiesen.

Die Entscheidung im Volltext

Die OGH-Entscheidung 7Ob117/25v vom 7. August 2025 ist im Rechtsinformationssystem des Bundes im vollen Wortlaut abrufbar.

 
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