23.9.2025 – Weil keine Äquivalenzstörung zwischen einbezahlter Prämie und der dem Versicherungsnehmer versprochenen Leistung erkennbar ist und dem Versicherungsnehmer klar erkennbar war, welchen Betrag die Bezugsberechtigte im Ablebensfall erhalten wird, sei die Ablebensleistung im vorliegenden Rentenversicherungsvertrag nicht sittenwidrig. Der Antrag, dem Versicherer die Zahlung des Differenzbetrags zu empfehlen, wurde abgewiesen.
Nach dem Tod eines Versicherungsnehmers im August 2024 erhielt die Bezugsberechtigte eines Rentenversicherungsvertrags eine Abrechnung, wonach die Todesfallleistung 11.033,03 Euro beträgt. Dieser Betrag wurde auch ausgezahlt.
In einer Rückkaufswertbestätigung aus dem Jänner 2024 war zuvor ein Rückkaufswert per 1.1.2024 von 14.607,24 Euro ausgewiesen worden. Über ihren Makler forderte die Bezugsberechtigte vom Versicherer die Zahlung des Differenzbetrags zuzüglich der 2024 bezahlten Prämien.
Der Versicherer lehnte dies ab; im Todesfall würden nach § 1 Absatz 3 der Produktbedingungen für die Rentenversicherung die gezahlten Beiträge ohne Zinsen zuzüglich der Überschüsse des aktuellen Versicherungsjahres erstattet.
Für den im April 1998 abgeschlossenen Rentenversicherungsvertrag war eine Beitragsdauer von 37 Jahren vereinbart worden. Geplant war eine Auszahlung einer garantierten Rente für zumindest 14 Jahre ab 1.4.2035.
Laut § 1 Absatz 3 der Produktbedingungen sollten bei vereinbarter Todesleistung „im Falle des Todes der hauptversicherten Person während einer vereinbarten Aufschubzeit die eingezahlten Beträge ohne Zinsen sowie ohne Beiträge für etwaige Zusatzversicherungen zurückgezahlt“ werden.
Eine Kündigung war nach § 5 vor dem vereinbarten Rentenbeginn möglich. In diesem Fall sollte, „soweit bereits entstanden“ ein Rückkaufswert erstattet werden.
Die Versicherungsnehmerin wandte sich daraufhin über ihren Makler mit einem Schlichtungsantrag an die Rechtsservice- und Schlichtungsstelle des Fachverbandes der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungssachen (RSS).
Sie steht auf dem Standpunkt, ihr stünde eine Gesamtzahlung in Höhe des Rückkaufswertes zu. Der Versicherer erklärt in einer Stellungnahme dagegen, dass der ausgezahlte Betrag korrekt war; der höhere Betrag wäre ausbezahlt worden, wenn der Vertrag vor dem Leistungsfall gekündigt worden wäre.
In ihrer Empfehlung erklärt die Schlichtungskommission einleitend, dass ein Vertrag gemäß § 879 Absatz 1 ABGB dann nichtig ist, wenn er gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstößt.
Eine solche Sittenwidrigkeit könne nur dann angenommen werden, wenn die Interessenabwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen oder bei Interessenkonflikten ein grobes Missverhältnis zwischen den durch die Handlung verletzten und den durch sie geförderten Interessen ergibt.
Entscheidend für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts sei das Gesamtbild, das sich aus Inhalt, Zweck, Beweggrund und Begleitumständen des Rechtsgeschäfts ergibt, so die RSS.
Nach § 1269 ABGB sei ein Versicherungsvertrag ein Glücksvertrag. Ein solcher widerspreche dann gegen die guten Sitten, wenn die Hoffnung des noch ungewissen Vorteils nur ganz einseitig zugunsten eines Vertragsteils gegeben ist.
Damit bei einem Vertrag mit Glückscharakter sittenwidrige Äquivalenzstörungen angenommen werden können, müssten besondere Umstände vorliegen. Eine solche Sittenwidrigkeit sei beim vorliegenden Lebensversicherungsvertrag nicht zu erkennen.
Es sei ein bestimmendes Element dieses Tarifs, dass die Erlebensleistung im Vergleich zur Ablebensleistung erhöht ist; eine Äquivalenzstörung zwischen einbezahlter Prämie und der versprochenen Leistung sei nicht zu erblicken.
Auch sei für den Versicherungsnehmer klar erkennbar gewesen, welchen Betrag die Bezugsberechtigte im Fall seines Ablebens erhalten werde. Der Antrag, dem Versicherer eine weitere Zahlung zu empfehlen, wurde daher abgewiesen.
Die Empfehlung der RSS kann als PDF-Dokument (159 KB) von der Website des Fachverbandes heruntergeladen werden.
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