13.8.2025 – Der OGH bestätigte die Entscheidung des Berufungsgerichts. Die Alkoholisierung des Klägers habe zu dessen Entscheidung geführt, auf den Tisch zu klettern; auch habe er aufgrund der Alkoholisierung die Gefahr eines Sprunges unterschätzt. Damit war die durch Alkohol beeinträchtigte Leistungsfähigkeit des Klägers zumindest mitursächlich für den Unfall, der entsprechende Ausschlussgrund in den Versicherungsbedingungen hat sich verwirklicht.
Ein Versicherungsnehmer war im Februar 2023 bei einem Faschingsball auf einen rund 1,10 bis 1,20 Meter hohen und rund 60 bis 80 cm breiten Tisch geklettert, um auf diesem zu tanzen. Zu diesem Zeitpunkt betrug sein Blutalkoholwert 1,9 Promille.
Als er anschließend vom Tisch auf den Boden sprang, stürzte er und verletzte sich schwer. Von seinem Unfallversicherer fordert er eine Zahlung in Höhe von mehr als 53.000 Euro. Der Versicherer lehnte eine Leistung ab, worauf der Versicherungsnehmer Klage einreichte.
Er verfügt über zwei Unfallversicherungsverträge, wobei dem ersten die Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung (AUVB) 1989, dem anderen die AUVB 2015 in der Fassung 02/2016 zugrunde liegen.
Laut den AUVB 1989 sind Unfälle von der Versicherung ausgeschlossen, die der Versicherte infolge einer Bewusstseinsstörung oder infolge einer wesentlichen Beeinträchtigung seiner psychischen Leistungsfähigkeit durch Alkohol, Suchtgift oder Medikamente erleidet.
Die AUVB 2015, Fassung 02/2016 enthalten einen Ausschluss, wonach der Versicherer in Fällen nicht zahlt, wenn die versicherte Person einen Unfall infolge einer wesentlichen Beeinträchtigung seiner psychischen oder physischen Leistungsfähigkeit durch Alkohol, Suchtgifte oder Medikamente erleidet.
Erst- und Berufungsgericht wiesen die Klage ab, worauf sich der Versicherungsnehmer in einer außerordentlichen Revision an den Obersten Gerichtshof wandte. Dieser geht in seiner rechtlichen Beurteilung einleitend auf den Sinn der hier vorliegenden Ausschlussklauseln ein.
Diese sollen jene Unfälle vom Versicherungsschutz ausnehmen, die Folge einer beim Versicherten schon vor dem Unfall vorhandenen, gefahrenerhöhenden Beeinträchtigung und der sich daraus ergebenden Einschränkung sind, so der OGH.
Damit es zum Ausschluss von der Versicherung kommt, müsse die Bewusstseinsstörung oder Beeinträchtigung den Unfall verursacht haben, zumindest aber mitursächlich gewesen sein.
Wie hoch der Alkoholisierungsgrad sein muss, damit der Ausschlusstatbestand der wesentlichen Beeinträchtigung der psychischen Leistungsfähigkeit erfüllt wird, hänge von den Anforderungen an die Tätigkeit ab, die vom alkoholisierten Versicherten ausgeübt werden.
Dabei gehe es darum, ob diese Tätigkeit besondere Anforderungen an die Aufnahmefähigkeit, Konzentrationsfähigkeit und Reaktionsfähigkeit stellt oder nicht. Grenzwerte der Alkoholisierung seien daher verschieden, je nachdem, ob der Versicherte Autofahrer, Radfahrer oder Fußgänger ist.
Genüge der Blutalkohol allein nicht für die Annahme des Ausschlussgrundes, sei eine wesentliche Beeinträchtigung der psychischen Leistungsfähigkeit danach zu bemessen, ob der Versicherte mit der jeweiligen Situation, in der er sich zum Unfallzeitpunkt befindet, einigermaßen zurechtkommen kann.
Das Berufungsgericht sei davon ausgegangen, dass die Alkoholisierung des Versicherungsnehmers offensichtlich zu dessen Entscheidung geführt habe, auf den Tisch zu klettern, um darauf zu tanzen, und anschließend vom Tisch zu springen, wobei er sich verletzt hat.
Der Kläger habe aufgrund seiner Alkoholisierung die Herausforderungen eines solchen Sprungs an eine erhöhte Aufmerksamkeit ebenso unterschätzt wie die sich dann auch verwirklichende Gefahr, in alkoholisiertem Zustand von einem Tisch zu springen und dabei sturzfrei zu landen.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass daraus die (Mit-)Ursächlichkeit der durch Alkohol beeinträchtigten Leistungsfähigkeit des Klägers am Unfall folgt und damit auch der Ausschlussgrund verwirklicht wurde, halte sich im Rahmen der Rechtsprechung, so der OGH.
Es komme daher nicht darauf an, dass der Blutalkoholwert des Klägers, wie von diesem in der Revision argumentiert, unter zwei Promille lag, und ob dies allein für die Annahme des Ausschlussgrundes ausreicht. Die Revision wurde mangels erheblicher Rechtsfrage zurückgewiesen.
Die OGH-Entscheidung 7Ob100/25v vom 25. Juni 2025 ist im Rechtsinformationssystem des Bundes im vollen Wortlaut abrufbar.
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