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Vereinsmitgliedschaft samt Versicherung: OGH prüfte Klauseln

17.3.2023 – Ein deutscher Skisportverein bietet auch in Österreich Mitgliedschaften an, die eine Skiversicherung beinhalten. Alle sieben vom Verein für Konsumenteninformation beanstandeten Klauseln wurden nun vom Obersten Gerichtshof als unzulässig aufgehoben. Gleichzeitig wurde klargestellt, dass österreichisches Recht anzuwenden ist und das Konsumentenschutzgesetz auch in diesem Fall gilt.

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Bild: Tingey Injury Law Firm
Bild: Tingey Injury Law Firm

Der deutsche Verein „Freunde des Skisports e.V. im Deutschen Skiverband“ bietet auch in Österreich eine Mitgliedschaft samt Skiversicherung an. Bei letzterer tritt er als Gruppenversicherungsnehmer auf, abgeschlossen wurde der Vertrag mit drei deutschen Versicherern.

Gegen mehrere von diesem Verein dabei gegenüber Verbrauchern in einem Vertragsformblatt verwendete Klauseln hat der Verein für Konsumenteninformation (VKI) als nach Konsumentenschutzgesetz (KSchG) klagsberechtigter Verband auf Unterlassung geklagt.

Das Erstgericht (VersicherungsJournal 4.2.2022) hatte alle sieben beanstandeten Klauseln als unzulässig beurteilt, das Berufungsgericht hat diese Entscheidung mit Ausnahme einer Klausel bestätigt; einzig die Klausel 3 (siehe unten) wurde als zulässig erachtet (VersicherungsJournal 7.11.2022).

Gegen letztere Entscheidung legte der VKI Revision beim Obersten Gerichtshof ein, gegen den der Klage stattgebenden Teil der Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Vereins Freunde des Skisports.

Österreichisches Recht anwendbar

Ein Vertrag, den ein Verbraucher mit einem Unternehmer schließt, unterliege gemäß Art. 6 Abs. 1 Rom-I-Verordnung dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seien gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit in diesem Staat ausübt.

Ohne Zweifel handle es sich im vorliegenden Fall um einen Vertrag im Sinn von Art. 6 Abs. 1 Rom-I-VO, da es sich um eine Mitgliedschaft handle, bei der gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts Versicherungsschutz in Form des Beitritts zu einem Gruppenversicherungsvertrag gewährt wird.

Notwendig sei dabei, dass der Vertragspartner des Verbrauchers unternehmerisch tätig ist. Entscheidend sei dabei seine professionelle Tätigkeit, die Ausübung eines Gewerbes im Sinn der Gewerbeordnung oder die Absicht, Gewinn zu erzielen, seien dagegen nicht erforderlich.

Die professionelle Akquise einer Vielzahl von Skiversicherungsbeitritten stelle zweifellos eine gewerbliche bzw. berufliche Tätigkeit dar, zumal der Verein damit offenkundig seine Attraktivität steigern will, um mehr Mitgliedsbeiträge zu lukrieren. Daher sei österreichisches Recht anzuwenden.

Professionell auftretender Marktteilnehmer

Das Konsumentenschutzgesetz gelte für Rechtsgeschäfte zwischen jemandem, für den das Geschäft zum Betrieb seines Unternehmens gehört und einem Zweiten, für den dies nicht zutrifft. Ein Unternehmen sei dabei jede auf Dauer angelegte Organisation selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit.

Aich ideelle Vereine können Unternehmen in diesem Sinn sein, wenn sie auf dem Markt wirtschaftlich relevante Tätigkeiten tatsächlich entfalten und dafür auf Dauer organisatorisch eingerichtet sind, betont der OGH.

Bei einem Massenverein, dem Mitglieder vor allem deshalb beitreten, weil sie an den angebotenen Leistungen, nicht aber an einer Teilnahme am Vereinsleben interessiert sind, handle es sich nicht mehr um einen typischen Idealverein, sondern um einen unternehmerisch tätigen Rechtsträger.

Im vorliegenden Fall handle es sich um einen solchen professionell auftretenden Marktteilnehmer; die vom Verein verwendeten Klauseln seien daher auch am Maßstab des Konsumentenschutzgesetzes zu prüfen.

Worauf Klauseln zu prüfen sind

Vertragsbestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern, die keine der Hauptleistungen festlegen, sind nach § 879 Abs. 3 ABGB dann nichtig, wenn sie einen Partner gröblich benachteiligen, seine Rechtsposition also in auffallendem Missverhältnis zu der des anderen steht.

Nach § 6 Abs. 3 Konsumentenschutzgesetz sind Vertragsbestimmungen unwirksam, wenn sie gegen das Transparenzgebot verstoßen, also unklar oder unverständlich abgefasst sind, sodass dem Verbraucher ein unzutreffendes oder unklares Bild seiner vertraglichen Position oder der Rechtslage vermittelt wird.

Schließlich macht der Oberste Gerichtshof darauf aufmerksam, dass im Verbandsprozess nach § 28 Konsumentenschutzgesetz die Auslegung von Klauseln im kundenfeindlichsten Sinn zu erfolgen hat und auf eine teilweise Zulässigkeit von Klauseln keine Rücksicht genommen werden kann.

Automatische Vertragsverlängerung

Klausel 1: Die Mitgliedschaft und der Versicherungsschutz gelten ab dem Tag des Abschlusses für ein Jahr und verlängern sich nach Ablauf um ein Jahr und weiter von Jahr zu Jahr, wenn sie nicht mit einer Frist von drei Monaten zum jeweiligen Ablauf schriftlich gekündigt werden.

Entgegen der Ansicht des beklagten Vereins sei österreichisches Recht anzuwenden, betont der OGH. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Klausel unzulässig sei, stelle keine Fehlbeurteilung dar.

Diese hatten erklärt, dass die Klausel gegen das KSchG verstoße. Für die Wirksamkeit einer Verlängerungsfiktion sei es nötig, dass die im KSchG vorgesehene Hinweispflicht in die AGB selbst aufgenommen wird. Diese Verpflichtungserklärung des Unternehmers fehle hier.

Kein Versicherungsschutz bei Zahlungsrückstand

Klausel 2: Nur fristgerechte Beitragszahlung gewährleistet Versicherungsschutz ohne Unterbrechung.

Diese Klausel diene nicht nur, wie der beklagte Verein behauptet, der Aufklärung des Vereinsmitglieds, sondern ordne bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung an, dass bei nicht fristgerechter Bezahlung kein Versicherungsschutz besteht, so der OGH.

Er bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanzen, die unter anderem erklärt hatten, dass die Klausel keine Rücksicht auf die Schutzbestimmungen des VersVG nehme und Näheres zum Verzug und der dadurch herbeigeführten Unterbrechung völlig im Dunkeln bleibe.

Verweis auf den Gruppenversicherungsvertrag

Klausel 3: Der Versicherungsschutz regelt sich ausschließlich nach den Bestimmungen des Gruppenversicherungsvertrages, der zwischen den Vertragsgesellschaften und DSV aktiv/FdS vereinbart ist.

Das Berufungsgericht hatte diese Klausel als nicht intransparent oder gesetzwidrig beurteilt. Sie stelle klar, dass zwischen dem Verein und anderen Unternehmen ein Gruppenversicherungsvertrag besteht und der Versicherungsschutz ausschließlich nach dessen Bestimmungen geregelt ist.

Dem widerspricht der OGH in seiner Entscheidung. Es werde in der Klausel auf einen Gruppenversicherungsvertrag verwiesen, der dem Verbraucher bei Abgabe seiner Willenserklärung nicht bekannt sei.

Der Verbraucher erhalte erst nach Vertragsabschluss die Versicherungsbedingungen und ein Merkblatt und könne sich erst zu diesem Zeitpunkt von Inhalt und Umfang des Versicherungsschutzes Kenntnis verschaffen. Die Klausel sei daher intransparent.

Schlüssige Anerkennung von Änderungen

Klausel 4: Werden Leistungen oder Beiträge auch für bestehende Versicherungen zum jeweiligen Beginn eines Beitrags-/Versicherungsjahres geändert, so gelten diese als anerkannt, wenn der fällige Beitrag nach Bekanntgabe der Änderung gezahlt wird.

Die Vorinstanzen hatten erklärt, dass die Klausel eine Erklärungsfiktion im Sinn des § 6 Abs. 1 Ziffer 2 KSchG vorsehe, wonach die Zahlung als Zustimmung gelten sollte; diese wäre nur zulässig, wenn der Verbraucher zuvor auf die Bedeutung seines Verhaltens besonders hingewiesen werde.

Außerdem könne die Zahlung auch aus anderen Gründen erfolgen und sei damit nicht als schlüssige Zustimmung zu werten, ergänzte das Berufungsgericht. Der beklagte Verein erklärt dagegen, die Klausel beschreibe nur eine schlüssige Willenserklärung nach § 863 ABGB und sei keine Erklärungsfiktion.

Dazu betont der OGH, dass eine schlüssige Handlung nur angenommen werden kann, wenn sie „nach den üblichen Gewohnheiten und Gebräuchen eindeutig in einer bestimmten Richtung zu verstehen ist“. Es dürfe keinen vernünftigen Grund geben, daran zu zweifeln.

Bei kundenfeindlichster Auslegung anerkenne der Verbraucher allein durch die Zahlung den geänderten Mitgliedsbeitrag; dies widerspreche dem strengen Maßstab des § 863 ABGB. Die Klausel sei daher als Erklärungsfiktion zu werten, erfülle aber nicht die dafür geforderten Zulässigkeitsvoraussetzungen.

Umgang mit Schadensfällen

Klausel 5: Sämtliche Schadensfälle sind unverzüglich zu melden.

Klausel 6: Ein Diebstahl muss zusätzlich unverzüglich auch der zuständigen Polizeidienststelle angezeigt werden.

Erst- und Berufungsgericht bewerteten beide Formeln als intransparent. Es sei nicht klar, ob es sich dabei um Versicherungs-AGB handle oder ob damit das Beitritts-Verhältnis geregelt werde, wobei Rechtsfolgen völlig unklar blieben.

Diene eine Klausel nur der Aufklärung eines Verbrauchers, so sei sie grundsätzlich unbedenklich, so der OGH. Werde der Verbraucher aber wie hier nicht nur informiert, sondern stimme er einer Regelung durch Akzeptieren der AGB auch zu, so gelte dies nicht.

Es sei vollkommen unklar, warum derartige Regelungen, die ohnehin Inhalt des Gruppenversicherungsvertrags sind, zusätzlich in das Vertragsverhältnis zwischen dem Verein und seinen Mitgliedern, das ja kein Versicherungsvertrag sei, aufgenommen werden.

Darüber hinaus werde der Verbraucher auch über die Rechtsfolgen bei Verletzung der Meldepflichten im Unklaren gelassen; beide seien daher intransparent und unzulässig.

Im Schadensfall Originalbeleg verlangt

Klausel 7: Für die Abwicklung von Beschädigung- und Diebstahlfällen benötigen Sie den Originalkaufbeleg.

Die pauschale Beschränkung auf Originale sei unsachlich, überraschend und für den Verbraucher gröblich benachteiligend, so das Erstgericht; darüber hinaus sei die Klausel auch intransparent, betonte das Berufungsgericht.

Der Verein argumentiert dagegen, die Klausel kläre nur darüber auf, dass nach österreichischem Versicherungsvertragsrecht Belege im Original zu übergeben seien.

Der OGH erklärt demgegenüber, dass die Klausel bei kundenfeindlichster Auslegung die Geltendmachung von Ansprüchen gänzlich ausschließe, wenn der Verbraucher nicht über den Originalbeleg verfügt; dies sei sachlich nicht gerechtfertigt, die Klausel ist daher gröblich benachteiligend.

Die Entscheidung im Volltext

Die OGH-Entscheidung 7Ob206/22b vom 21. Februar 2023 ist im Rechtsinformationssystem des Bundes im vollen Wortlaut abrufbar.

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