12.6.2025 – Die EU-Kommission unterzieht die Offenlegungsverordnung – Stichwort Nachhaltigkeit – einer Überprüfung. Der Versicherer-Verband Insurance Europe fordert eine Verringerung der Komplexität des Regelwerks, mehr rechtliche Klarheit und eine bessere Abstimmung mit anderen EU-Rechtsvorschriften. Die Verordnung solle den Fokus auf Anlegerinformation legen und nicht zu einem „Produktkennzeichnungssystem“ werden.
Seit gut vier Jahren ist die Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor, die „Sustainable Finance Disclosure Regulation“ oder kurz „SFDR“, anzuwenden (VersicherungsJournal 12.3.2021).
Im Mai hat die EU-Kommission zu Stellungnahmen für die Bewertung und Überprüfung der Verordnung eingeladen. Der Versicherer- und Rückversicherer-Dachverband Insurance Europe ist der Einladung nachgekommen.
In seiner Antwort begrüßt er eine Überarbeitung der Verordnung. Die Versicherungswirtschaft unterstütze grundsätzlich die Ziele der Verordnung, verschiedene Aspekte bedürften aber der Klärung und Vereinfachung.
Gesamtumfang und Komplexität der Anforderungen für die Offenlegung müssten „substanziell“ reduziert werden, heißt es in der Stellungnahme. Besonders für kleinere Versicherer seien solche Erleichterungen wichtig.
Mangelnde rechtliche Klarheit ortet Insurance Europe etwa im Zusammenhang mit der „nachhaltigen Investition“, wie sie in Artikel 2 Absatz 17 definiert ist. Der Begriff sei übermäßig breit gefasst und werde inkonsistent angewandt.
Dies erhöhe das Risiko von Greenwashing oder „Greenhushing“, also eines „Rückzugs“ von Unternehmen in Bezug auf die öffentliche Kommunikation ihrer Nachhaltigkeitsbemühungen.
Aus Sicht von Insurance Europe erfasst die Verordnung außerdem nur unzureichend sogenannte „Übergangsinvestments“ – die für das Erreichen der europäischen Klimaziele aber wesentlich seien.
Bestimmten Offenlegungsanforderungen fehle es an Relevanz oder Praktikabilität. Vorlagen auf Produktebene seien für Kleinanleger allzu komplex und schlecht auf die Eignungsanforderungen der Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) abgestimmt.
Weiterbestehende Datenlücken verschärften die Schwierigkeiten der Umsetzung weiter und verursachten für kleiner Unternehmen unverhältnismäßig hohe Kosten, argumentiert Insurance Europe weiter.
Auf Unternehmensebene wiederum gebe es oft Doppelungen mit Transparenzanforderungen nach der Richtlinie hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen („Corporate Sustainability Reporting Directive“, CSRD). Unnötiger Verwaltungsaufwand sei die Folge.
Die Offenlegung der wichtigsten negativen Auswirkungen („Principal Adverse Impacts“, PAI) – gemeint sind damit negative Auswirkungen eines Finanzmarktteilnehmers oder seines Finanzprodukts auf Umwelt und Gesellschaft – müsse daher vereinfacht und an die CSRD angepasst werden.
„Zusätzliche Überschneidungen mit anderer Gesetzgebung wie der EU-Taxonomie, Mifid II und Solvency II machen die Compliance noch komplizierter“, kritisiert der Verband.
Insurance Europe möchte die SFDR primär als ein auf Anleger ausgerichtetes Informationsinstrument verstanden wissen, das diese bei der Anlageentscheidung unterstützt. Sie solle nicht zu einem „Produktkennzeichnungssystem“ werden.
So werde „Flexibilität“ sichergestellt, eine starre Produktkategorisierung vermieden. Das sei nötig, um „das breite Spektrum an Nachhaltigkeitsstrategien im Markt“ zu berücksichtigen.
Falls die EU-Kommission aber beabsichtigen sollte, ein solches System einzuführen? Dann müsse zu seiner Durchführbarkeit eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein.
Erstens, so Insurance Europe, müsste dann jeglicher Kategorisierungsrahmen „einfach, klar definiert und gründlich verbraucherseitig getestet“ sein. Seine Ausgestaltung müsste auch die Bandbreite der unterschiedlichen Versicherungsanlageprodukte widerspiegeln.
Um den Marktteilnehmern die Anpassung zu ermöglichen, müsste zweitens ein System der Produktkategorisierung einen „realistischen Zeitplan für die Umsetzung“ enthalten; auch eine Übergangsfrist für bestehende Produkte und eine anfangs freiwillige Phase müsste es geben.
Drittens sollte ein solcher Rahmen vollständig mit verwandten Rechtsvorschriften wie der IDD und Mifid II abgestimmt sein, um zu gewährleisten, dass die Prüfung der Anlegerpräferenzen konsistent erfolgt.
Die Stellungnahme kann als PDF-Dokument (111 KB) von der Website von Insurance Europe heruntergeladen werden.
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