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OGH klärt Streit um Zuerkennung einer Invaliditätspension

17.4.2024 – Der Kfz-Mechaniker kann nach einer Anlernzeit von höchstens sechs Monaten in einem der Verweisberufe arbeiten und seine erlernten Fähigkeiten einsetzen. Dass Medikamente eventuell zu einer Reaktionsverminderung führen könnten, sei nicht relevant, da Fahrtüchtigkeit nicht in jedem Fall notwendig sei, so der Oberste Gerichtshof. Der Antrag auf Zuerkennung einer Invaliditätspension wurde abgewiesen.

Bild: Tingey Injury Law Firm
Bild: Tingey Injury Law Firm

Im bereits dritten Rechtsgang fordert ein Kfz-Mechaniker von der Pensionsversicherungsanstalt die Zuerkennung einer Invaliditätspension. Er ist aufgrund mehrerer Leidenszustände in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt.

Außerdem muss er bestimmte Medikamente teils regelmäßig, teils nach Bedarf einnehmen. Diese Medikamente betreffen insbesondere den psychischen Bereich, zumindest anfangs konnten diese die Reaktionsfähigkeit beeinträchtigen.

Erst- und Berufungsgericht wiesen die Klage ab. Der Kfz-Mechaniker genieße zwar Berufsschutz, sei aber auf die Tätigkeiten als Kfz-Kundendienstbetreuer oder qualifizierter Qualitätskontrollor bzw. Fertigungsprüfer verweisbar, wofür eine innerbetriebliche Anlernzeit von höchstens sechs Monaten ausreiche.

Wann eine Verweisung zumutbar ist

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts legte der Kfz-Mechaniker außerordentliche Revision beim Obersten Gerichtshof ein. Dieser geht in seiner rechtlichen Beurteilung einleitend auf die Voraussetzungen für eine Verweisung ein.

Für eine Prüfung der Erhaltung des Berufsschutzes durch Verweisung sei eine genaue Feststellung der im Verweisungsberuf auszuübenden Tätigkeiten erforderlich, so der OGH.

Dazu würden der im Verweisungsberuf verwertbare Teil der Ausbildung, der Kenntnisse und der Fähigkeiten des erlernten Berufs sowie zusätzlicher Kenntnisse und Fähigkeiten zählen.

Zur Ausübung des Verweisberufs seien Nachschulungszeiten im Ausmaß von mehr als sechs Monaten nicht mehr zumutbar. Grundsätzlich sei die Frage der Zumutbarkeit einer notwendigen Nachschulung im Einzelfall zu beurteilen und werfe damit keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Verändertes Berufsbild wurde berücksichtigt

Im vorliegenden Fall werde in der außerordentlichen Revision kritisiert, dass das Berufungsgericht die geänderten Ausbildungsinhalte des vom Kläger absolvierten Lehrberufs des Kfz-Mechanikers und des seit 2001 bestehenden Lehrberufs des Kfz-Technikers nicht ausreichend berücksichtigt habe.

Dem entgegnet der OGH, dass das Berufungsgericht ausführlich auf die Weiterentwicklung des Berufsbildes und der Ausbildungsinhalte sowie der vom Kläger erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten Bezug genommen habe.

Auf dieser Grundlage habe das Berufungsgericht die für den Kläger maßgebliche Nachschulungsdauer festgestellt; der Kläger habe in diesem Zusammenhang keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens aufzeigen können, so der OGH.

Fähigkeiten können verwertet werden

Die vom Kläger als gelerntem Kfz-Mechaniker verwertbaren Kenntnisse und Fähigkeiten würden sich hinreichend aus der Zusammenschau der Feststellungen zu den konkreten Lehrinhalten und deren Veränderung mit den Anforderungen des Lehrberufs ergeben.

Es liege auf der Hand, dass der Kläger Fähigkeiten, die er nicht erworben hat, auch nicht im Verweisungsberuf verwerten kann. Das ändere aber nichts an der Verwertbarkeit seiner tatsächlich erworbenen und unverändert erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten.

Die für den Verweisungsberuf eines qualifizierten Fertigungsprüfers bzw. Qualitätskontrollors relevanten Industriesparten habe das Berufungsgericht ausreichend auf einen Einsatz in der metallver- und bearbeitenden Industrie, der Automobilzulieferindustrie und der Kfz-Ersatzteilproduktion eingeschränkt.

Revision zurückgewiesen

Was eine unterbliebene neuerliche Untersuchung durch einen Sachverständigen für Neurologie und Psychiatrie betrifft, habe das Berufungsgericht festgestellt, dass der Sachverständige eine solche nicht für notwendig erachtet; der Kläger habe sein Vorbringen aber nicht weiter konkretisiert.

Außerdem stehe fest, dass es nur in der Eindosierungsphase der vom Kläger eingenommenen Medikamente zu einer Reaktionsverminderung kommen kann; er nehme diese Medikamente aber schon jahrelang ein und es konnten keine Konzentrations- oder Aktionsverspätungen festgestellt werden.

Auch der Einwand, dass die Einnahme eines bestimmten Medikaments in hohen Dosen zu einer mangelnden Fahrtüchtigkeit führe, sei nicht relevant, weil für den zweiten angenommenen Verweisungsberuf des qualifizierten Fertigungsprüfers/Qualitätskontrollors das Lenken von Fahrzeugen nicht erforderlich sei.

Insgesamt habe der Kläger damit keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt, die außerordentliche Revision wurde deshalb vom Obersten Gerichtshof zurückgewiesen.

Die Entscheidung im Volltext

Die OGH-Entscheidung 10ObS59/23h vom 12. März 2024 ist im Rechtsinformationssystem des Bundes im vollen Wortlaut abrufbar.

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Ausbildung · Invalidität
 
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