16.9.2025 – Digitalisierung macht manches einfacher, aber sie führt auch zu Mehrbelastung – das jedenfalls gaben in einer Umfrage viele Versicherungsmakler an. Teile fallen den Angaben zufolge mehrere tausend Euro pro Jahr und mehrere Zusatzstunden pro Person und Woche an.
Das „Beziehungsdreieck“ zwischen Versicherern, Maklern und Kunden bildete beim „Expert:innentreffen“ der Versicherungsmakler im burgenländischen Rust am See letzte Woche die thematische Klammer des nachmittäglichen Teils der Veranstaltung.
Den Einstieg bildete eine Präsentation von Ergebnissen einer aktuellen Umfrage. In ihr hatte Telemark Marketing im Auftrag des Veranstalters, des Fachverbandes der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten, Makler gefragt, ob und inwieweit eine „Arbeitsverlagerung zu Lasten der Versicherungsmakler“ stattfindet.
Der Auswertung der einzelnen Fragen liegen jeweils rund 200 Antworten zugrunde. Robert Sobotka, Geschäftsführer von Telemark Marketing, sprach angesichts des Rücklaufs von einer „qualitativ guten Stichprobe“.
Fachverbandsobmann Christoph Berghammer erläuterte vorab den Hintergrund der Umfrage: Wesentlicher Dreh- und Angelpunkt ist die Digitalisierung. Diese stelle nicht immer nur eine Vereinfachung dar – nämlich dann nicht, wenn Arbeiten im Zuge der Digitalisierung zu den Maklerbüros verschoben werden.
Martin Weichbold, Professor im Fachbereich Soziologie und Sozialgeographie der Paris-Lodron-Universität Salzburg und an der Mitgliederbefragung beteiligt, erläuterte, der Mehraufwand sei in finanzieller und in zeitlicher Hinsicht untersucht worden – wobei die Angaben zum zeitlichen Mehraufwand als subjektive Einschätzung zu interpretieren seien.
Wie hoch schätzen nun die Befragten alles in allem ihre zusätzlichen jährlichen Gesamtkosten ein, die durch den Digitalisierungsschub entstanden sind – beispielsweise aufgrund von Personalbedarf, Schulungen oder spezieller Software?
Die Antworten fallen je nach Größe des Maklerbüros unterschiedlich aus (auf 100 Prozent fehlende Beträge bedeuten, dass keine Einschätzung abgegeben werden konnte):
Wie sieht es mit den finanziellen Mehrkosten konkret in den Teilbereichen Software und IT – Schulung sind hier nicht eingerechnet – aus?
Die jährlichen Zusatzkosten für Software – sprich Lizenzen, Vergleichsrechner, Sicherheitssoftware usw. – zeigten bei Einzelmaklern einen Mittelwert von zirka 3.035 Euro, bei den größeren Maklerbüros rund 8.644 Euro.
Was externe IT-Kosten angeht – also IT-Betreuung, Wartung, technische Unterstützung –, eruierten die Telemark-Marketing-Experten aus den Antworten einen Mittelwert von rund 989 Euro bei Einzelmaklern und 5.461 Euro bei den anderen Maklerbüros.
Wie stark ist der gesamtbetriebliche Mehraufwand durch den Digitalisierungsschub seit 2020, Stichwort Corona, gestiegen? Vorweg: Die überwältigende Mehrheit nimmt einen Anstieg wahr.
Sechs von zehn Maklern empfinden ihn als „deutlich“ (um etwa 10 bis 25 Prozent) oder „massiv“ (um mehr als 25 Prozent), 28 Prozent zumindest als „leicht“ (unter +10 Prozent). Auch hier hat Telemark Marketing wieder nach Maklersegmenten aufgeschlüsselt:
Wie stark hat sich der wöchentliche Arbeitsaufwand pro Person im Betrieb wegen digitaler Prozesse in den letzten fünf Jahren verändert?
Nur 18 Prozent der hier 202 Antworten lauteten „Nein“. Fast die Hälfte (45 Prozent) meldete hingegen einen Mehraufwand von 1 bis 5 Stunden, 27 Prozent registrierten 6 bis 10 Zusatzstunden, 10 Prozent mehr als 10 Zusatzstunden.
Mehr administratives Personal eingestellt hat jedoch nur eine Minderheit (13 Prozent).
Wo spüren Makler den größten Mehraufwand? Er ziehe sich „durch die komplette Prozesskette“, sagte Sobotka.
Die meisten Makler (61 Prozent von 200) stellen in der Angebotserstellung einen besonders erhöhten Mehraufwand fest. Häufig genannt – jeweils von fast der Hälfte – werden auch Schadenmeldung und -bearbeitung sowie Schulung und Weiterbildung.
Dass der Mehraufwand teils recht unterschiedlich eingestuft wird interpretiert Weichbold so, dass Versicherungsmakler unterschiedlich damit umgehen: Manche „gehen stark ins Thema Digitalisierung hinein“, andere wiederum verhielten sich eher abwartend bis passiv.
Wenn Maker keinen Mehraufwand angeben könne ein Grund auch darin liegen, fügte Sobotka hinzu, dass es sich um „Digital Natives“ handelt, die es von Anfang an gewohnt sind, digital zu arbeiten.
Die Digitalisierung habe Prozesse verändert, fuhr Weichbold fort. Zusätzliche Komplexität mache eine allfällige Zeitersparnis wieder zunichte.
Auch die Digitalisierung selbst sei ein Prozess – und der verlaufe „nicht linear, sondern in Schüben“. Die Corona-Pandemie beispielsweise sei so ein Ereignis gewesen. Auch die fortschreitende Entwicklung der künstlichen Intelligenz sei hier zu nennen.
Es sei „nicht viel Phantasie“ erforderlich, um zu erkennen, dass dies auch das Geschäft der Versicherungsvermittlung und -beratung „massiv verändern wird“. Für den Umgang damit gebe es verschiedene Strategien. Die schlechteste sei, abzuwarten.
Lesen Sie im heutigen Beitrag „Fehlerhafte Ablehnungen und andere Kritikpunkte von Maklern“ weitere Ergebnisse aus der Mitgliederbefragung.
Ihre Leserbriefe können für andere Leser eine wesentliche Ergänzung zu unserer Berichterstattung sein. Bitte schreiben Sie Ihre Kommentare unter den Artikel in das dafür vorgesehene Eingabefeld.
Die Redaktion freut sich auch über Hintergrund- und Insiderinformationen, wenn sie nicht zur Veröffentlichung unter dem Namen des Informanten bestimmt ist. Wir sichern unseren Lesern absolute Vertraulichkeit zu! Schreiben Sie bitte an redaktion@versicherungsjournal.at.
Allgemeine Pressemitteilungen erbitten wir an meldungen@versicherungsjournal.at.
Der VersicherungsJournal Newsletter informiert Sie von montags - freitags über alle wichtigen Themen der Branche.
Ihre Vorteile