29.10.2025 – In Österreich hat laut einer Allianz-Umfrage die Mehrheit Vorbehalte gegenüber autonomem Fahren. Zweifel, ob das Fahrzeug in kritischen Situationen „richtig entscheidet“, treffen auch Zweifel an der Ausgereiftheit der Technologie. Die Allianz plädiert für einen „EU-Führerschein“ für automatisierte Fahrzeuge, EU-weit einheitliche Standards für den Zugang zu relevanten Fahrzeugdaten und für eine europäische „Datenbank für kritische Verkehrssituationen für autonome Fahrzeuge“.

Wie stehen die Europäer zum autonomen Fahren? Der Allianz-Konzern ist dem mit einer Umfrage in sieben Ländern nachgegangen und hat anlässlich des „13. Allianz Motor Day“ des Allianz Zentrum für Technik (AZT) am Dienstag in Ismaning Ergebnisse daraus vorgestellt.
Erhoben wurden sie von der Allianz-eigenen Drivenby GmbH und dem AZT, die 8.464 Personen in einem Alter über 18 Jahren in Deutschland, Italien, Frankreich, Großbritannien, Österreich, Schweiz und Tschechien befragt haben.
Aus Österreich stammen 1.207 Teilnehmer, die folgenden Angaben beziehen sich auf diese Basis.
In Österreich – hier waren es 1.207 Teilnehmer – erhofft man sich vom autonomen Fahren in erster Linie mehr Komfort: 44 Prozent sehen die Möglichkeit, sich während der Fahrt anders zu beschäftigen, 40 Prozent erwarten weniger Stress im Verkehrsgeschehen. Größere Sicherheit steht weniger im Fokus (29 Prozent).
Als größten Vorteil für die Gesellschaft sehen 63 Prozent verbesserte Mobilität für Ältere oder Personen mit Einschränkungen.
Das Wissen über die Technologie und ihre Vor- und Nachteile sei beschränkt, eigene Erfahrungen kaum vorhanden, berichtet die Allianz: Insgesamt gaben nur 37 Prozent an, mit dem Thema „autonomes Fahren“ oder mit dessen Vorstufen vertraut zu sein.
Die Einstellung zum autonomen Fahren sei ambivalent: Ein Drittel äußert sich positiv, ebenso viele negativ.
Vielfach bestehen auch Zweifel am Reifegrad der autonomen Systeme:
Trotzdem: 54 Prozent erachten autonome Fahrzeuge als mindestens genau so sicher wie von Menschen gelenkte. 84 Prozent finden es wichtig oder sehr wichtig, beim autonomen Fahren jederzeit selbst die Kontrolle über das Auto übernehmen zu können.
Diese Reserviertheit beruhe weniger auf eigenen Erfahrungen als auf psychologischen Faktoren „wie mangelnder Vertrautheit, Sorge vor Kontrollverlust, negativer Berichterstattung und der generellen Tendenz, Unbekanntes als besonders riskant einzuschätzen“, meint Jörg Hipp, Chief Product Officer, Ressort Versicherungstechnik, bei der Allianz-Gruppe Österreich.

Seine Schlussfolgerung: Mehr Transparenz und eine „klare Darstellung von Vor- und Nachteilen“ sowie Alltagserfahrungen sind nötig.
„Denn das Potenzial ist groß: Fahrzeuge, die selbstständig reagieren und kommunizieren, können Unfälle reduzieren, Verkehrsflüsse verbessern und neue Mobilitätsformen ermöglichen.“
Für Klaus-Peter Röhler, Mitglied des Vorstands der Allianz SE, verantwortlich für Insurance German Speaking Countries, Central Europe, Global Property & Casualty, ist autonome Mobilität „keine Frage des ‚Ob‘ mehr“.
Es gehe vielmehr darum, „wie schnell, wie sicher und wie fair“ sie sein wird. Technologischer Fortschritt müsse zu weniger Unfällen, weniger Opfern und mehr Unabhängigkeit für die Menschen führen.
„Gemeinsam mit dem Allianz Zentrum für Technik, Herstellern und Regulierungsbehörden werden wir Sicherheitsstandards gestalten und innovative Versicherungslösungen pilotieren“, kündigt Röhler an.
Der Allianz-Konzern hat im Rahmen des gestrigen „Motor Day“ drei Forderungen aufgestellt, „um die sichere Einführung der autonomen Mobilität zu beschleunigen und gleichzeitig die Konsumenten zu schützen und die Führungsrolle Europas bei Mobilitätsinnovationen zu stärken“, wie es aus dem Konzern heißt.
| Forderung | Details |
|---|---|
| * Die Abstufungen (Level bzw. Stufen) reichen von 0 (keine Automatisierung) über assistiertes und (teil-/voll-)automatisiertes Fahren bis 5 (autonomes Fahren). Stufe 4 bedeutet „vollautomatisiertes Fahren“, bei dem der Fahrer die Fahrzeugführung vollständig an das Fahrzeug abgeben kann. Stufe 5 würde bedeuten: Es gibt nur noch Passagiere, eine Übernahme der Steuerung durch einen Lenker ist nicht vorgesehen. | |
| Einführung eines „EU-Führerscheins“ für automatisierte Fahrzeuge | Gefordert wird ein europäisches Zulassungsmodell für autonome Fahrzeuge mit einheitlichen technischen Homologations- und Prüfverfahren – eine Art „Führerschein“ für autonome Fahrzeuge. „Dieses Modell sollte nicht nur vorgeben, welche Anforderungen das autonome Fahrzeug erfüllen muss, sondern auch regeln, welche Simulationen und Prüfungen es bestehen muss. Dies würde einen grenzüberschreitenden Einsatz ohne wiederholte Zertifizierung ermöglichen, den Marktzugang vereinfachen, die Sicherheit erhöhen und Innovationen beschleunigen.“ |
| EU-weite einheitliche Standards für den Zugang zu unfall- und sicherheitsrelevanten Fahrzeugdaten für Versicherer und Regulierungsbehörden (wobei kritische Daten innerhalb der europäischen Gerichtsbarkeit verbleiben und als strategisches Gut behandelt werden) | „Der Vorschlag der Europäischen Kommission zum Austausch von Fahrzeugdaten im Rahmen des EU-Datengesetzes (Verordnung 2023/2854) bildet hierfür eine wichtige Grundlage“, so die Allianz. Anwendungsfälle für den Datenaustausch „[sollten] sowohl hinsichtlich ihres Nutzens als auch ihrer Kosten“ bewertet werden. Pauschal alle verfügbaren Daten zu teilen, sei mit Blick auf die erheblichen Aufwendungen nicht sinnvoll. Auch Konsumenten sollten davor geschützt werden, „unüberlegt all ihre Autodaten pauschal an Dritte weiterzugeben“. „Bei unfall- und sicherheitsrelevanten Fahrzeugdaten liegen die Vorteile hingegen auf der Hand: Ein gemeinsam von Versicherern, Herstellern und Regulierungsbehörden entwickelter Rahmen würde die Verkehrssicherheit verbessern, das Vertrauen der Öffentlichkeit stärken und die Akzeptanz der autonomen Mobilität beschleunigen.“ |
| Gemeinsame europäische Datenbank für kritische Verkehrssituationen für autonome Fahrzeuge (Level 4) * | „Diese muss alle Unfälle im autonomen Modus und Beinaheunfälle, bei denen Unfälle knapp vermieden werden konnten, erfassen. Die Kriterien hierfür müssen von den Regulierungsbehörden festgelegt werden.“ |
Ihre Leserbriefe können für andere Leser eine wesentliche Ergänzung zu unserer Berichterstattung sein. Bitte schreiben Sie Ihre Kommentare unter den Artikel in das dafür vorgesehene Eingabefeld.
Die Redaktion freut sich auch über Hintergrund- und Insiderinformationen, wenn sie nicht zur Veröffentlichung unter dem Namen des Informanten bestimmt ist. Wir sichern unseren Lesern absolute Vertraulichkeit zu! Schreiben Sie bitte an redaktion@versicherungsjournal.at.
Allgemeine Pressemitteilungen erbitten wir an meldungen@versicherungsjournal.at.
Der VersicherungsJournal Newsletter informiert Sie von montags - freitags über alle wichtigen Themen der Branche.
Ihre Vorteile



