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Wie die Pensionen langfristig gesichert werden können

3.10.2025 – Um die erste Säule langfristig zu finanzieren, sei es vor allem nötig, Arbeitslosigkeit und Teilzeitarbeit zu reduzieren, ist die Ökonomin Christine Mayrhuber überzeugt. Für Ralph Müller steht eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters im Vordergrund, für die private Vorsorge wünscht er sich bessere Rahmenbedingungen.

Diskutierten im Ringturm: Moderator Martin Kwauka, die Vorsitzende der Alterssicherungskommission Christine Mayrhuber und Wiener-Städtische-Chef Ralph Müller (Bild: VJ)
Diskutierten im Ringturm: Moderator Martin Kwauka, die Vorsitzende der Alterssicherungskommission Christine Mayrhuber und Wiener-Städtische-Chef Ralph Müller (Bild: VJ)

Die Fragen, wie unser Pensionssystem idealerweise in zehn Jahren ausgestaltet sein soll, welche Rolle die budgetäre Situation dabei spielt und welche Bedeutung der privaten Vorsorge zukommt, standen im Mittelpunkt einer Diskussion auf Einladung des Finanzjournalistenforums.

Moderiert von dessen Initiator Martin Kwauka diskutierten im Wiener Ringturm Christine Mayrhuber, Senior Economist am Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) und Vorsitzende der Österreichischen Alterssicherungskommission, und Ralph Müller, Generaldirektor der Wiener Städtischen Versicherung AG.

Es sei klar, dass nur langfristige Reformen das Pensionssystem wirklich stabilisieren können, betonte Kwauka. Viele Maßnahmen würden aber schon aus rechtlichen Gründen eine längere Vorlaufzeit benötigen.

Langfristig unterschiedliche Pensionsregelungen

Mayrhuber betonte gleich zu Beginn, dass ihr Fokus auf der ersten Säule liege. Österreich verfüge über ein „generöses System“, es gebe aber strukturelle Probleme, dieses System zu finanzieren: „Die wachsende Lohnsumme reicht nicht aus, um die Dynamik der Pensionsausgaben zu decken.“

Es sei daher „dringend nötig, auf der Einnahmenseite etwas zu tun“, so Mayrhuber. Vor allem sei es wichtig, etwas gegen die hohe Arbeitslosigkeit zu tun: „In einem umlageorientierten System können wir es uns nicht leisten, die hohe Arbeitslosigkeit durchzutragen.“

Zweiter Kernpunkt sei es, die veränderten Lebensbedingungen abzubilden. Es sei sinnvoll, langfristig das Pensionsantrittsalter anzuheben. „Da sind wir aber im Jahr 2035“, erst dann besitze man diese „Stellschraube“, so die Ökonomin.

Sie erwartet, dass es zukünftig unterschiedliche Regelungen geben wird: Für jene, die später ins Erwerbsleben einsteigen, sei Arbeiten bis 67 eine Option.

Umlagesystem wird mit Staatsschulden bezahlt

Müller betonte, dass die erste Säule für die Versicherungsbranche immer schon wichtig gewesen sei, und das werde sich auch bis 2035 nicht wesentlich ändern. Doch Kunden würden – allerdings zu Unrecht – beginnen, Vertrauen in die erste Säule zu verlieren.

Zur Finanzierung der ersten Säule erklärte Müller, der Anteil der Sozialversicherungsbeiträge sei im historischen Vergleich hoch: „Das Umlagesystem wird mit höheren Staatsschulden bezahlt.“ Nötig sei vor allem eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters; dafür sei es noch nicht zu spät.

Eine Kapitalkomponente wäre für alle drei Säulen wichtig, so der Wiener-Städtische-Chef: Staaten, die das vor einigen Jahren begonnen haben, hätten nun einen „gewaltigen Startvorteil“. Es gehe aber auch um die Potenziale der zweiten und dritten Säule.

Wenig Vertrauen in zweite Säule?

Der Versicherungsverband (VVO) sei in Gesprächen mit allen Parteien. Müller ortet einen „grundlegenden Konsens, für die zweite und dritte Säule etwas zu tun“, die budgetären Möglichkeiten würden dies aber einschränken.

Mayrhuber bezweifelt allerdings, dass seitens der Bevölkerung Vertrauen in die zweite Säule vorhanden ist. Vor allem die Mitarbeitervorsorgekassen seien „nicht am Radar der Beschäftigten“, es sei „hochbedenklich, dass ein relativ hoher Kapitalstock jenseits der Wahrnehmung“ ist.

Dass sich die Alterssicherungskommission um alle drei Säulen kümmern soll, „bleibt ein frommer Wunsch“, erteilt Mayrhuber den Plänen im Regierungsprogramm eine Absage. Die dafür nötigen Daten seien nicht vorhanden und es gebe keine Stelle, die diese Daten sammelt.

Streitthema Pensionserhöhungen

Nach der Deckelung der Pensionserhöhung dürfte jedenfalls das Vertrauen der Besserverdienenden in die erste Säule erschüttert sein, vermutet Kwauka. Es gehe um einen Zielkonflikt zwischen dem Versicherungs- und dem Sozialprinzip, erläuterte Mayrhuber.

Die Staffelung sei sozialpolitisch motiviert. Es sei wichtiger, die niedrigeren Pensionen zu stärken, auch weil Menschen mit höheren Einkommen eine höhere Sparneigung, jene mit niedrigerem Einkommen aber eine höhere Konsumquote aufweisen.

Es habe bei Pensionsanpassungen auch in der Vergangenheit meistens – politisch motivierte – Staffelungen gegeben, und aufgrund der budgetären Situation werde es auch „nicht das letzte Mal gewesen sein“.

Ein Thema sei auch die unterschiedliche Lebenserwartung, abhängig von den sozioökonomischen Verhältnissen. Weil Menschen mit hohem Einkommen eine längere Lebenserwartung haben, schlägt Mayrhuber vor, für diese weniger in das Pensionskonto einzubuchen.

Lösungsvorschläge

Unterschiedlich sehen die Ideen aus, wie es in Zukunft weitergehen soll. Kurzfristig gehe es darum, nicht länger, sondern mehr zu arbeiten, so Mayrhuber. Dafür müssten die Arbeitslosigkeit gesenkt und Menschen, die Teilzeit arbeiten, dies aber gar nicht wollen, ein Umstieg auf Vollzeit ermöglicht werden.

Steuererleichterungen, wenn man über das gesetzliche Pensionsalter hinaus arbeitet, lehnt Mayrhuber ab: „Ich halte das progressive Steuersystem für gut. Ich verstehe nicht, warum das in einem bestimmten Lebenskontext ausgehebelt werden sollte.“

Was die private Vorsorge angeht, habe die Finanzindustrie „nicht das Problem, dass sie nicht die richtigen Produkte hätte“, betonte Müller. „Wir haben Lösungen zuhauf in Europa, aber wir brauchen andere Rahmenbedingungen.“ Dann würde es auch wieder mehr Zulauf zur Vorsorge geben.

Zu seinen Wünschen zählen eine Halbierung der Versicherungssteuer, die Wiedereinführung der Behaltefrist für Wertpapiere und die Anhebung des 300-Euro-Betrags der Zukunftssicherung. Schließlich sollte man auch über die Zukunftsvorsorge, und hier vor allem über die Garantie, diskutieren.

Schlagwörter zu diesem Artikel
Mitarbeiter · Pension  · Sozialversicherung · Versicherungsteuer · Zukunftsvorsorge
 
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