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Rechtsschutzstreit: Mietkaution eine „bewegliche Sache“?

21.5.2025 – Der Oberste Gerichtshof entschied: Die Ansprüche der Mieterin auf Rückzahlung einer Kaution betreffen ausschließlich die Überlassung von Bargeld und damit eine bewegliche Sache. Der bloße Zusammenhang mit dem Mietvertrag, der eine unbewegliche Sache betrifft, sei nicht relevant, der Versicherer muss Deckung gewähren.

Bild: Tingey Injury Law Firm
Bild: Tingey Injury Law Firm

Im Jahr 2018 mietete M. eine Wohnung, die sie zuerst mit ihren beiden Söhnen bewohnte; anlässlich des Abschlusses des Mietvertrags erlegte sie eine Barkaution von 2.400 Euro.

2021 zog sie in eine andere Wohnung, ihre Söhne blieben dagegen in der Wohnung und schlossen mit dem Vermieter einen neuen Mietvertrag ab. M. beließ die Kaution zugunsten ihrer Söhne beim Vermieter.

Als der Mietvertrag mit den Söhnen 2023 aufgelöst wurde, verweigerte der Vermieter die Rückzahlung der Kaution. M. steht auf dem Standpunkt, dass dies großteils zu Unrecht erfolgte. Ihr stehe ein Rückforderungsanspruch zu, für den sie Deckung durch ihren Rechtsschutzversicherer fordert.

Bedingungslage

M. verfügt über einen Rechtsschutzversicherungsvertrag, vereinbart sind die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung 2018 (ARB 2018). Ihre Söhne sind in diesem Vertrag nicht mitversichert.

Nach den Bedingungen gilt insbesondere auch für die Geltendmachung reiner Vermögensschäden als Versicherungsfall der tatsächliche oder behauptete Verstoß des Versicherungsnehmers, Gegners oder eines Dritten gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften.

Versichert sind laut ARB der Versicherungsnehmer und die in den Besonderen Bedingungen jeweils genannten mitversicherten Personen. Laut Artikel 23 sind im Allgemeinen Vertrags-Rechtsschutz im Privatbereich der Versicherungsnehmer und seine Familienangehörigen versichert.

Dabei umfasst der Versicherungsschutz unter anderem die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus schuldrechtlichen Verträgen des Versicherungsnehmers über bewegliche Sachen.

Vorinstanzen gaben Klage statt

M. geht davon aus, sie habe anlässlich des Abschlusses des Mietvertrags ihres früheren Vermieters mit ihren Söhnen durch das Belassen ihrer Barkaution als Drittpfandbestellerin einen Pfandbestellungsvertrag mit diesem Vermieter abgeschlossen. Der Versicherer lehnte eine Deckung ab.

M. reichte daraufhin eine Deckungsklage ein, der von den Vorinstanzen stattgegeben wurde. Sie gingen davon aus, dass es sich im vorliegenden Fall um die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus einem schuldrechtlichen Vertrag der Versicherungsnehmerin über bewegliche Sachen handelt.

Die ordentliche Revision des Versicherers wurde zugelassen, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob der Erlag oder das Liegenlassen einer Barkaution für nachfolgende Mietverhältnisse von Dritten schuldrechtliche Verträge über bewegliche Sachen darstellen.

Der Versicherer argumentiert auch in seiner Revision beim Obersten Gerichtshof, dass es bei der beabsichtigten Rechtsverfolgung um einen vertraglichen Anspruch gehe, der keine bewegliche Sache betrifft, weshalb er nicht unter den allgemeinen Vertragsrechtsschutz falle.

Keine Vorwegnahme der Beweiswürdigung

In seiner rechtlichen Beurteilung erläutert der OGH, dass M. den Versicherungsfall in der unberechtigten Einbehaltung von Teilen der Kaution durch den Vermieter ihrer Söhne erblickt; dies werde vom Rechtsschutzversicherer auch nicht bestritten.

Versicherungsschutz beanspruche M. aufgrund des Rechtsschutzbausteines des Artikel 23 der ARB „Allgemeiner Vertrags-Rechtsschutz“; sie habe mit ihrem vormaligen Vermieter für die zu erlegende Kaution ihrer Söhne einen Pfandbestellungsvertrag abgeschlossen.

Im zu deckenden Verfahren müsse M. beweisen, dass sie mit dem Vermieter tatsächlich einen Pfandbestellungsvertrag abgeschlossen hat, so der OGH. Eine Vorwegnahme der Beweiswürdigung und des Ergebnisses dieses Prozesses komme im Deckungsprozess nicht in Betracht.

Was im Vertrags-Rechtsschutz gedeckt ist

Im Allgemeinen Vertrags-Rechtsschutz sind Ansprüche aus schuldrechtlichen Verträgen über bewegliche Sachen gedeckt; der Vertrag müsse allerdings im weitesten Sinn eine bewegliche Sache betreffen.

Unter beweglichen Sachen seien Gegenstände, aber auch Rechte zu verstehen, die ohne Verletzung ihrer Substanz von einer Stelle zur anderen versetzt werden können. Unbeweglich seien Rechte dann, wenn sie mit dem Besitz einer unbeweglichen Sache verbunden sind.

Die Vereinbarung zur Erlegung einer Kaution in einem Mietvertrag enthalte eine Pfandbestellung für künftige Forderungen. Der Pfandbesteller (derjenige, der einen Gegenstand als Pfand hergibt, Anm.) habe kein dingliches Recht, sondern nur den schuldrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung.

Der Kautionsempfänger dagegen könne seine zukünftigen, vereinbarungsgemäß zu sichernden Forderungen aus dem Mietvertrag mit dem Rückforderungsanspruch des Kautionsgebers kompensieren.

Revision zurückgewiesen

Sollte M. im vorliegenden Fall tatsächlich als Drittpfandbestellerin aufgetreten sein, so stünde ihr im Rahmen des Pfandbestellungsvertrags sowohl ein Rechnungslegungsanspruch als auch ein schuldrechtlicher Rückforderungsanspruch für nicht mit Forderungen kompensierte Kautionsbeträge zu.

Die Ansprüche aus dem von M. behaupteten Pfandbestellungsvertrag betreffen also die Überlassung von Bargeld zur Sicherung allenfalls zukünftig entstehender Forderungen und damit ausschließlich eine bewegliche Sache, so der OGH.

Im Allgemeinen Vertrags-Rechtsschutz gedeckt seien auch Vertragsstreitigkeiten, in denen zwar ein sachlicher Bezug zu einer unbeweglichen Sache vorliegt, diese wie im vorliegenden Fall aber nicht Hauptgegenstand des Rechtsverhältnisses der Vertragspartner ist

Der bloße Zusammenhang des behaupteten Pfandbestellungsvertrags von M. mit dem Mietvertrag ihrer Söhne, der eine unbewegliche Sache betrifft, sei daher nicht relevant. Der Oberste Gerichtshof hat die Revision als nicht berechtigt zurückgewiesen.

Die Entscheidung im Volltext

Die OGH-Entscheidung 7Ob10/25h vom 22. April 2025 ist im Rechtsinformationssystem des Bundes im vollen Wortlaut abrufbar.

Schlagwörter zu diesem Artikel
Rechtsschutz · Vermögensschaden
 
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