Was die Finanzbranche von Willhaben lernen kann

23.10.2025 – Finanzinstitute besitzen eine große Menge an Daten über ihre Kunden, die sie nutzen könnten, um bedarfsgerechte Angebote zu machen. Es gehe darum, wie diese vernetzt werden können, und gleichzeitig den Datenschutz zu beachten, waren sich die Teilnehmer einer Diskussion beim Financial Forum des Finanz-Marketing Verbands einig.

FMVÖ Financial Forum zur Customer Journey (Bild: VJ)
Diskutierten beim FMVÖ über die Customer Journey in Banken und Versicherungen (v.l.n.r.): Jochen Schneeberger (Willhaben), Barbara Liebich-Steiner (Uniqa), Berater Jürgen Polterauer und Patricia Kasandziev (ex-Bank99). Bild: VJ

Um die Customer Journey in der Finanzbranche ging es im jüngsten Financial Forum des Finanz-Marketing Verbands Österreich (FMVÖ) mit dem Titel „Potenzielle Neukunden erkennen – besser handeln“, das gemeinsam mit dem Online-Marktplatz Willhaben veranstaltet wurde.

FMVÖ-Präsident Erich Mayer betonte eingangs, dass die Fähigkeit, in Banken und Versicherungen frühzeitig und zielgerichtet Signale zu erkennen, an Bedeutung gewinne, sich aber gleichzeitig die Frage stelle, ob die Vorgangsweise DSGVO-konform ist.

Warum die „Customer Journey“ so essenziell ist, erklärte Unternehmensberater und Datenschutzexperte Jürgen Polterauer: 66 Prozent der Interaktionen mit einer Marke würden vom Kunden ausgehen, nur 33 Prozent werden vom Marketing aktiviert.

Marketing sei „Old School“, so Polterauer. Die Kernfrage sei heute, „ab wann ist der Kunden bereit, mit uns zu sprechen“. Dabei verlaufe die Customer Journey von einem ersten, noch unverbindlichen Interesse über eine emotionale Kaufentscheidung bis zum Kauf – und darüber hinaus.

Vernetzung und Datenschutz

Die Customer Journey finde auf einer Vielzahl von Systemen statt, die miteinander reden sollten, so Polterauer. Es gehe nun darum, eine Strategie zu finden, wie diese Daten vernetzt werden können. Die DSGVO sei dabei der Leitfaden, wie man mit den Daten der Kunden und Mitarbeiter umgehen muss.

Datenschutz sei mehr als ein Gesetz; er sei eine Haltung. Das Wichtigste sei dabei die Dokumentation. Polterauer: „Es ist nicht alles verboten. Wenn man es gut argumentieren kann, gibt es in den seltensten Fällen Strafen.“

Es gehe darum, das Vertrauen der Konsumenten nicht zu missbrauchen. Gleichzeitig seien die Konsumenten aber auch die „mächtigsten Verbündeten“, weil sie Informationen haben wollen und dafür bereit seien, Daten herzugeben.

Daten ermöglichen bedarfsgerechte Angebote

In der anschließenden Diskussion verwies Patricia Kasandziev, Beraterin für Digitalisierung und Prozessoptimierung und zuvor Vorstandsmitglied der Bank99 darauf, wie wichtig es ist, vom Kunden die Einwilligung für Profiling zu bekommen.

Die Zustimmung ermögliche es einer Bank, bedarfsgerechte Angebote zu machen. Schlüssel sei es, beim Abschluss eines Produkts den „Consent“ einzuholen, um die Vielfalt der Kanäle nutzen zu können. Eine Einwilligung im Nachhinein einzuholen, sei „juristisch schon ein Problem“.

Das Wichtigste sei es, den Kunden in einen gesicherten, authentifizierten Bereich zu bringen, sagt Barbara Liebich-Steiner, Chief Digital Officer der Uniqa Insurance Group AG, denn dort sei es erlaubt, die Daten zu verwenden, um ihn zu betreuen.

Betreuen bedeute aber in erster Linie, Service anzubieten und ihm immer wieder etwas zeigen zu können, was für ihn relevant sein könnte. Angeboten werde auch ein Shop, dort würden überraschend viele Kunden selbst hingehen und surfen; Uniqa setze dort auch bereits Künstliche Intelligenz ein.

Den Bedarf frühzeitig erkennen

Man wisse viel über Kunden, betonte Moderator Werner Schediwy, Vorstandsmitglied des FMVÖ. Es gehe aber darum, frühzeitig den Bedarf zu erkennen. Darüber mache man sich seit vielen Jahren Gedanken, so Kasandziev.

Oft seien aber Banken nicht nahe genug am Kunden dran, Kapazitäten für einen „jährlichen Finanzcheck“ gebe es nur für wohlhabende Kunden. „Wir wissen oft nicht, welches Potenzial wir liegen lassen.“ Plattformen wie Willhaben hätten es da leichter.

„Wir sind nur eine Plattform, wie früher ein Markt“, betont Jochen Schneeberger, Head of Digital Advertisinng bei Willhaben. Es gehe darum, Angebot und Nachfrage bestmöglich zu matchen. Wichtig sei das digitale Vertrauen der Kunden; das sei aber keine einfache Übung, man müsse viel dazu tun, es zu bekommen.

Noch schwieriger gestalte es sich bei Versicherungen, so Liebich-Steiner. Man könne nicht darauf vertrauen, dass ein Mal im Jahr mit dem Kunden geredet wird. Anhaltspunkte, wo man den Kunden abholen könnte, biete aber beispielsweise das medizinische Angebot: „Wir müssen spürhundmäßiger vorgehen als Banken.“

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Digitalisierung · Marketing · Mitarbeiter · Strategie · Unternehmensberater
 
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